Friedrich Seidenstücker: Leben in der Stadt
Museum Bad Arolsen und Museumsverein zeigen mit Fotografien von Friedrich Seidenstücker einen der bedeutenden Chronisten des Alltagslebens im Berlin der Weimarer Republik.
5. März bis 8. Mai 2022
Noch während seines Ingenieurs- und Bildhauereistudiums in Berlin beginnt Friedrich Seidenstücker (1882-1966) im Zoo zu fotografieren. Um 1923 erhält er vom Zoologischen Garten Berlin eine offizielle Fotografiererlaubnis und entscheidet sich für die Lichtbildkunst als Lebensunterhalt. Eine kleine Patent- Etui-Kamera für das Negativformat 9 × 12 cm ermöglicht ihm unauffälliges Fotografieren und so macht er schon bald auch die ersten Aufnahmen außerhalb des Zoos auf den Berliner Straßen. 1930 erhält er vom Ullstein-Verlag ein Engagement als freier Bildjournalist .
Seine atmosphärischen Fotografien erzählen von scheinbar beiläufigen Ereignissen und Begebenheiten, vom Sonntagsvergnügen und vom Arbeitsalltag, von Kinderspielen auf der Straße und vom Treiben auf Bahnhöfen und im Zoo. Seidenstücker zeigt, häufig mit humoristischem Blick, die Menschen und das Leben in der Metropole. Sei- ne Aufnahmen machen zugleich die Härten der Großstadtexistenz sichtbar und lassen im Hintergrund immer wieder auch die Gegensätze der sozialen Realität in den Zwischenkriegsjahren durchscheinen.
Die Kunst des Augenblicks
Die Ausstellung mit 100 Werken aus der Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München, lädt dazu ein, Friedrich Seidenstücker auf seinen Spaziergängen durch das Berlin vor 100 Jahren zu folgen.
Bis auf wenige Ausnahmen findet der „Momentknipser“, wie er sich selbst bezeichnete, seine Motive auf der Straße. Seine be- rühmt gewordenen Aufnahmen der „Pfützenspringerinnen“ respektieren als Bildmetaphern die großstädtische Moderne und urbanes Leben. Mit handlicher Kamera und lichtempfindlichem Objektiv dokumentiert er instinktsicher noch viele weitere Szenen und Gestalten bei ihrem täglichen Tun und Handeln, aber auch beim Warten oder Ausruhen.
„Ich bin ein Ausflugsmensch“
So charakterisiert sich Seidenstücker selbst und macht sich auf, seine Bildmodelle an den Wannseestrand oder zur Kirschblüte nach Werder zu begleiten. Sein Lieblingsort ist jedoch der Zoologische Garten. In seinen hier entstandenen Aufnahmen wird nicht nur die Begeisterung der Tiergartenbesucher sichtbar – manchmal scheinen Betrachter und Betrachtete ihre Rollen zu vertauschen.
Katalog zur Ausstellung
Friedrich Seidenstücker: Leben in der Stadt
Hrsg. von Simone Förster für die Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München 82 Seiten, 52 Abb., 24 x 30 cm, Broschur München 2021, 16 €.
Ausstellungen im Schloss Museum Bad Arolsen und Museumsverein
Schlossstraße 30
34454 Bad Arolsen
Friedrich Seidenstücker: Leben in der Stadt
5. März bis 8. Mai 2022
Mittwoch bis Samstag 14.30 bis 17 Uhr,
Sonntag 11 bis 17 Uhr,
Sonntagsführungen 11.30 Uhr.
Information 05691-62 57 34
www.museum-bad-arolsen.de
Auch im StadtZeit Kassel Magazin, Ausgabe 108, Februar/März 2022
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