Demokratie in Bewegung
Schülerinnen und Schüler der Walter-Lübcke-Schule veranstalten Aktionstag zum Gedenken an ihren Namensgeber
In Kooperation mit der Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ organisierten Schülerinnen und Schüler der Wolfhager Walter-Lübcke-Schule anlässlich des 2. Todestages des ermordeten Regierungspräsidenten Walter Lübcke unter dem Motto “Demokratie in Bewegung” einen Sternmarsch durch Kassel. Vom Regierungspräsidium zogen sie über diverse symbolhafte Orte der Demokratie zur Martinskirche, wo eine Mahnwache mit Glockengeläut stattfand.
Am 2. Juni 2021 jährte sich die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zum zweiten Mal. Die ihm zu Ehren umbenannte Schule in Wolfhagen, Landkreis Kassel, nahm sich dieses traurige Ereignis zum Anlass, das Gedenken an den CDU-Politiker auch in Pandemiezeiten hochzuhalten. Gemeinsam mit der Kasseler Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ organisierte die Walter-Lübcke-Schule einen Aktionstag unter dem Motto “Demokratie in Bewegung”, der auf dem Wolfhager Marktplatz startete und auf dem Platz vor der Martinskirche in Kassel endete. Beteiligt waren rund 50 Schülerinnen und Schüler, darunter auch jene einer Integrationsklasse, sowie Lehrpersonal der Schule.
Start in Wolfhagen
In Wolfhagen hielten Pfarrerin Kathrin Wittich-Jung und der Wolfhager Bürgermeister Reinhard Schaake zum Auftakt eine kurze Ansprache vor der versammelten Schulgemeinde auf dem Wolfhager Marktplatz. Abgerundet wurde diese durch das Läuten der Kirchenglocke im Ort, in dessen Stadtteil Istha Walter Lübcke gelebt hatte und wo er auch ermordet wurde.
„Seit dem 25.09.2020 heißt die Wolfhager Gesamtschule ‚Walter-Lübcke-Schule‘. Die Umbenennung erfolgte auf Anregung der Schülerschaft der Schule und mit großer Zustimmung von Kollegium und Elternschaft. ‚Demokratische Werte sind unsterblich‘ steht nun auf der Fassade des Gebäudes. Mit der heutigen Aktion in Wolfhagen und Kassel erinnern wir an die Werte des Grundgesetzes, die uns ein Leben in Freiheit ermöglichen und für die die Schule eintritt“, erklärt Ludger Brinkmann, Schulleiter der Walter-Lübcke-Schule Wolfhagen, das Engagement.
Sternenmarsch vom Regierungspräsidium Kassel aus
Als Auftakt zum zweiten Teil des Aktionstages in Kassel begrüßte Kassels Regierungsvizepräsident Dr. Alexander Wachter die engagierten Schülerinnen und Schüler am dortigen Regierungspräsidium. „Breite demokratische Teilhabe ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass unsere freiheitliche Gesellschaft lebt und gedeiht. Es freut mich deshalb außerordentlich, dass heute so viele junge Menschen nach Kassel kommen, um für Freiheit, Solidarität und Meinungsvielfalt einzutreten,“ so Dr. Wachter. „Diese Begeisterung gerade der jungen Generationen ist unverzichtbar und trägt den Demokratiegedanken weiter in die Zukunft. Von jugendlicher Politikverdrossenheit oder gar ‚Null-Bock-Mentalität‘ kann heute in Kassel keine Rede sein.“
In einem Sternmarsch in Corona-gerechten Kleingruppen steuerten die Schülerinnen und Schüler anschließend zentrale Wirkungsstätten und Plätze der Demokratie in Kassel an, wie das Rathaus, die Universität und das Amtsgericht, aber auch den Platz der Deutschen Einheit, den Scheidemann-Platz sowie den Halitplatz. Für öffentliche Aufmerksamkeit sorgten dabei Transparente und Schilder, die zum einen das Konterfei Walter Lübckes zierten, als auch Bildmotive, welche anschaulich für die im Grundgesetz verbrieften Grundrechte warben.
Denn eben jene waren es, für die Lübcke Zeit seines Lebens einstand, und für deren öffentliche Verteidigung er 2019 von einem Rechtsextremisten erschossen wurde. Dass der Mörder Walter Lübckes zu Beginn dieses Jahres zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, ist für die Initiative „Offen für Vielfalt“ kein Schlusspunkt, sondern Anlass, in Lübckes Sinne immer wieder für eine offene und vielfältige Gesellschaft einzustehen. „Mit der Aktion zeigen wir, dass es sich lohnt, in unserem Land zu leben. Frei und gleichberechtigt! Aber eben auch, dass wir uns für unsere Werte immer wieder einsetzen müssen“, erklärt Dagmar Krauße, Sprecherin der Initiative „Offen für Vielfalt“ in Anlehnung an die Worte, die Walter Lübcke einst wählte.
Mahnwache und Glockengeläut an der Martinskirche
Im Anschluss an den Sternmarsch versammelte sich die Delegation der Walter-Lübcke-Schule auf dem Martinsplatz vor der gleichnamigen Kirche in der Kasseler Innenstadt. Dort hielt Pfarrer Dr. Willi Temme mit Unterstützung des Historikers Prof. Dr. Dietfried Krause-Vilmar eine Mahnwache mit Andacht ab. In bewegenden Worten verwiesen beide auf die Gefahren des Rechtsextremismus für Gesellschaft und Politik und erinnerten neben Walter Lübcke an weitere Opfer rechtsextremer Gewalt wie den in Kassel vom NSU erschossene Halit Yozgat und die Opfer von Chemnitz, Halle und Hanau.
Die Osanna-Glocke der Evangelischen Pfarrkirche St. Martin war während einiger Minuten andächtigen Schweigens als akustische Mahnung und Form des Gedenkens in der gesamten Innenstadt zu vernehmen. Zusammen mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen wie den „Omas gegen Rechts“ und vielen Kasseler Bürgerinnen und Bürgern nahm auch Christoph Lübcke als Vertreter seiner Familie an der Zeremonie teil.
Nach dem abschließenden Gebet entfalteten die Schülerinnen und Schüler ein großes Banner über den Platz, das noch einmal die klare Botschaft des Tages zusammenfassen sollte: „Demokratische Werte sind unsterblich“.