Gemeinsam nutzen was da ist
Materialverteilung Kassel fördert eine Kultur der Wiederverwendung
Es ist Krieg mitten in Europa. Wer beschäftigt sich noch mit dem Klimawandel?
Auch in der Hochzeit der Coronapandemie hat der Klimawandel in den Nachrichten eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Am 28. Februar hat der Weltklimarat (IPCC) einen neuen Sachstandsbericht zu den Folgen des Klimawandels für Mensch und Natur veröffentlicht mit einem sehr ernst zu nehmenden Fazit: Das Zeitfenster im Kampf gegen die Klimakrise schließt sich.
In der Diskussion um den Klimawandel nimmt die Reduzierung des CO2 Ausstoßes einen zentralen Platz ein. Als wichtigste Lösung wird die Energiewende diskutiert, das Erzeugen von Energien aus erneuerbaren Quellen. Wie sehr wir in der Energiewende hinterherhinken, wird gerade jetzt aus aktuellem Anlass deutlich. Es gibt schon geraume Zeit Engpässe bei Rohstoffen und nun könnten die wichtigsten Rohstoffe für die Energiegewinnung – Öl und Gas knapp werden. Wird es nicht Zeit aufzurufen, Energie einzusparen? Und müssen wir uns nicht endlich von der Idee verabschieden, dass eine Ökonomie stetig wachsen muss?
Nachhaltiges Wirtschaften mit einer zirkulären Ökonomie ist der Weg, den wir jetzt einschlagen müssen. Wir können nicht warten bis die sich ablösenden Krisen hinter uns liegen, um uns dann dem Klima zuzuwenden.
Es geht auch nicht darum das Klima zu retten, sondern uns.
Vielleicht kennt der ein oder andere das Gefühl der Machtlosigkeit. Doch unterschätze nicht das Potenzial vieler kleiner Schritte, die jede*r einzelne von uns gehen kann, die zu großen Veränderungen führen können.
Die zahlreichen Initiativen in vielen Städten sind ein Zeichen dafür, dass Menschen selbst Einfluss auf den Kurs einer Gesellschaft nehmen wollen. Eine wollen wir an dieser Stelle vorstellen: die Materialverteilung in Kassel.
Raus aus der Sackgasse des Konsumierens und Wegwerfens
In vielen Städten gibt es sie schon mit fantasiereichen Namen wie Treibgut, Hanseatische Materialverwaltung, Zündstoff, Trash Galore usw. Dahinter verbergen sich Vereine, Initiativen und Kollektive, die ein Ziel verfolgen: der gängigen Wegwerf-Praxis etwas entgegenzusetzen, nach dem Motto: Was für den einen Abfall ist, kann für den anderen Rohstoff und der Beginn von etwas Neuem sein.
Im Jahr 2019 wurde die Initiative Materialverteilung in Kassel von Menschen ins Leben gerufen, die vor allem Spaß am Suchen, Sammeln, Aufarbeiten und Reparieren haben. Sie haben den Wunsch ein Netzwerk aufzubauen, das Verbindungen zwischen vielen Menschen und Organisationen schafft, um „Abfälle“ direkt weiter zu verwerten. Ein Ziel in naher Zukunft ist ein Materialdepot, ein Ort an dem sich Materialretter*innen, Sammler*innen und Verwerter*innen treffen werden.
Dieser Umschlagplatz für Material soll ein lebendiger Ort der sozialen und ökologischen Verteilungskultur werden, wo z.B. Werkstätten, Repair-Cafés und Veranstaltungen einen Ort haben. Dies ist gelebte Nachhaltigkeit und direkte Kreislaufwirtschaft und ein Beitrag aus der Sackgasse des Konsumierens und Wegwerfens.
Der Ort könnte das Gelände der HaferKakao-Fabrik in Bettenhausen sein. In direkter Nachbarschaft des Recyclinghofes der Stadtreiniger könnte das Materialdepot kaum besser liegen. Bis dies Realität wird, bedarf es temporär nutzbare Hallen und Flächen. Derzeit eine der Hürden für gelebte Kreislaufwirtschaft in Kassel.
Kooperation mit d15
In diesem Zusammenhang darf die in Kürze beginnende documenta fifteen nicht unerwähnt bleiben. Kunstausstellungen bringen häufig einen kurzfristig hohen Bedarf an Ressourcen mit sich, weshalb sich die documenta fifteen in die Thematik der Materialkreisläufe einbringt.* Hier konnte die Materialverteilung Kassel im Zusammenschluss mit der bundesweiten Initiative für Materialkreisläufe (IfM) bereits zeigen, was in Kassel alles möglich ist: von ausrangierten Stapelstühlen über einfache Papprollen bis hin zu Verkaufstresen – in der Kunst finden diese Dinge ein neues Leben.
Schon letztes Jahr trafen sich über 15 Initiativen aus dem deutschsprachigen Raum zu einem Symposium im ruruHaus: https://documenta-fifteen.de/news/documenta-fifteen-wird-teil-des-netzwerks-initiativen-fuer-materialkreislaeufe/
Initiativen leben vom Mitmachen. Gemeinsam entwickelte Visionen werden dann Wirklichkeit. Deshalb richten wir uns an alle Interessierten: Macht mit und tragt bei zum Handeln in echten Kreisläufen!
Wir treffen uns jeden 3. Mittwoch im Monat um 19:00 Uhr. Da wir noch keinen festen Standort haben, finden die Treffen an wechselnden, inspirierenden Orten in Kassel statt.
Meldet euch an unter:
materialverteilung_kassel@systemli.org
Unter dieser Adresse nehmen wir auch gerne Hinweise auf Lagermöglichkeiten entgegen (zwischen 100 und 1000 qm).
Weiterführendes zum Thema:
https://www.kassel.de/umwelt-und-klimaschutz/klimaschutzrat-mit-themenwerkstaetten/massnahmenempfehlungen/themenfelder/konsum-abfall/2021-KA-03_Bauteilboerse.pdf
Podcast ab Min. 44 https://s4f-kassel.de/2022/04/30/kasseler-klima-talk-folge-10/
* Quelle: documenta Symposium am 23. und 24. Juli 2021 und „Nachhaltigkeit im Kunst- und Kulturbereich“ https://documenta-fifteen.de/nachhaltigkeit/
29.05.2022
Wir treffen uns jeden 3. Mittwoch im Monat um 19:00 Uhr
Kontakt:
materialverteilung_kassel@systemli.org