Neues zum Bürgerpreis „Glas der Vernunft“
Menschenwürde und Recht
Mirjam Zadoff spricht zur Menschenwürde bei Preisverleihung an Carolin Emcke. Martin Saar hält die Laudatio. Edward Snowdens Skulptur in der GRIMMWELT Kassel gewürdigt.
Am 29. September 2024 wird Dr. Carolin Emcke mit dem Kasseler Bürgerpreis „Das Glas der Vernunft“ geehrt. „Mit der Preisverleihung auf der Bühne des Opernhauses werden Carolin Emcke zwei Wünsche erfüllt: Eine Festrede zur Menschenwürde und die Laudatio durch einen Freund, der ihr publizistisches Schaffen eng begleitet hat“, sagt Wilfried Sommer, Vorsitzender des Vorstandes der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Preises. „Mirjam Zadoff wird die Festrede halten, Martin Saar die Laudatio“.
Auf der Mitgliederversammlung des Vereins am 12. März 2024 wurden nicht nur die Festrednerin und der Laudator bekanntgegeben. Die Mitglieder würdigten zusammen mit dem Geschäftsführer und Programmleiter der GRIMMWELT Kassel Jan Sauerwald auch den Preisträger 2016, Edward Snowden. Seine Skulptur „Das Glas der Vernunft“ wird derzeit in der Sonderausstellung »Akte Rumpelstilzchen – Eine Spurensuche in Märchen und Recht« ausgestellt. Sie wartet noch immer auf ihre persönliche Abholung durch den Preisträger, ihr regulärer Standort liegt im Stadtmuseum Kassel.
Die Festrednerin PD Dr. Mirjam Zadoff ist seit 2018 Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München und eine wichtige Stimme gegen Antisemitismus und Rassismus in Deutschland. Mit dem vergleichenden Blick der Historikerin sucht die Kosmopolitin nach dem Fundament für eine globale Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert. Ihre Gastkommentare in der SZ, der FAZ, dem Freitag und ihre Bücher sind einer weiten Leserschaft bekannt.
Dr. phil. Martin Saar ist Professor für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er ist der zweite Habermas-Lehrstuhlnachfolger am Institut für Philosophie; Jürgen Habermas erhielt 2013 „Das Glas der Vernunft“. Die Preisträgerin Carolin Emcke widmet Martin Saar ihr Buch »Gegen den Hass«. Saar liegt daran aufzuzeigen, welche Kräfte und Mächte das soziale Leben einer Gesellschaft faktisch bestimmen.
Die Preisträgerin
Carolin Emcke, Publizistin, studierte Philosophie in London, Frankfurt/M. und Harvard und promovierte über den Begriff „Kollektiver Identitäten“. Sie arbeitete von 1999 bis 2014 als internationale Reporterin mit Fokus auf Menschenrechten und Krisenregionen. Emcke berichtete u.a. aus dem Kosovo, Afghanistan, Irak, Gaza, Kolumbien und Haiti. Seit 2014 ist sie als freie Publizistin tätig. In ihren Büchern, Essays, Kolumnen, aber auch künstlerischen Interventionen befasst sie sich mit den Themen Gewalt und Trauma, Demokratiefeindlichkeit und Rassismus, Sexualität und Begehren. Ihre Bücher wurden weltweit in über 10 Sprachen veröffentlicht. Darunter „Gegen den Hass”, „Weil es sagbar ist”, „Wie wir begehren”.
Seit 20 Jahren kuratiert und moderiert Carolin Emcke den „Streitraum“ an der Schaubühne Berlin, seit 2023 den Podcast „In aller Ruhe“. Sie hat in Madrid, London, Frankfurt, Cambridge und New York gelebt und ist nun in Berlin zuhause. Sie wurde u.a. mit dem „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“, dem „Johann Heinrich Merck“-Preis für Essayistik, dem “Soul of Stonewall Preis” und dem „Carl-von-Ossietzky-Preis für Zeitgeschichte und Politik“ ausgezeichnet.
www.carolin-emcke.de
Das Glas der Vernunft
Der Bürgerpreis „Glas der Vernunft“ wurde 1990 von Kasseler Bürger:innen gestiftet. Anlass war die Öffnung der DDR-Grenze im November 1989. Der mit 20.000 Euro dotierte Preis ist seither 32-mal sowohl an Wissenschaftler:innen, Künstler:innen, Politiker:innen und Naturschützer:innen als auch an Menschenrechts- und Hilfsorganisationen vergeben worden, die sich mit ihrem Wirken den Idealen der Aufklärung – Vernunft, Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Überwindung ideologischer Schranken – in besonderer Weise verdient gemacht haben.
Symbolisiert wird der Preis durch eine von dem Kasseler Kunstprofessor und documenta-Künstler Karl Oskar Blase gestaltete Skulptur: Ein Glasprisma im Oktogon. Das Glas steht für Transparenz und Zerbrechlichkeit, das Prisma für Aufklärung durch wissenschaftliche Analyse, das Oktogon für Vollkommenheit.
Die 1991 gegründete Gesellschaft der Freunde und Förderer des Bürgerpreises hat inzwischen über 475 Mitglieder – und zwar nicht nur aus Kassel und der Region, sondern aus nahezu allen Bundesländern sowie aus dem Ausland. Durch ihre Beiträge und durch Spenden wird der Preis sowie die Veranstaltung zur Preisverleihung finanziert. Der Vorstand des Vereins sowie die Mitglieder des Kuratoriums arbeiten ehrenamtlich.
Erster Preisträger war 1991 der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der die Auszeichnung für seine Verdienste um die Öffnung der DDR-Grenze erhielt. 2016 wurde Edward Snowden geehrt: Der ehemalige CIA-Mitarbeiter enthüllte die weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten, vor allem der USA. Er konnte den Preis in Kassel nicht in Empfang nehmen, weil er international mit Haftbefehl gesucht wird. Sein Glas der Vernunft befindet sich noch im Kasseler Stadtmuseum. Es steht für die Hoffnung, dass es Snowden eines Tages als freier Mensch in Empfang nehmen kann.
Auf der Homepage www.glas-der-vernunft.de sind alle bisherigen Preisträger aufgeführt.
16.03.2024
Pressemeldung:
Der Bürgerpreis „Das Glas der Vernunft“ wird am Sonntag, den 29. September 2024 um 11.30 Uhr im Opernhaus des Staatstheaters Kassel an Carolin Emcke übergeben.
Informationen zur Kartenvergabe für die Preisverleihung finden sich ab Juni 2024 unter:
www.glas-der-vernunft.de.