SprechZeit: Alberto Acosta, ecuadorianischer Politiker und Ökonom, zum „Pluriversum“
Der mittendrin-Podcast zu Themen und Entwicklungen, die unsere Gäste bewegen.
Interview: Klaus Schaake
Unter „Pluriversum“ verstehen die Initiatoren die Erkenntnis der Anerkennung und die Verbreitung einer unerkannten bzw. unterdrückten Vielfalt von emanzipatorischen Perspektiven. Gemeinsam mit der freien Journalistin Sandra Weiss luden Alberto Acosta und Grupo Sal am 25. April 2024 in Kassel dazu ein, eine prominente Persönlichkeit aus einer anderen Region dieser Welt per Liveschaltung kennenzulernen, um zukunftweisende Gedanken, Ideen und Konzepte aufzuzeigen und miteinander zu diskutieren – in diesem Falle Nina Pacari, eine ecuadorianische Indigenen-Aktivistin. Klaus Schaake sprach mit Alberto Acocsta nach der Veranstaltung über die Idee des Pluriversums.
Alberto Acosta
1948 in Quito geboren, gehört Alberto Acosta zu den führenden Intellektuellen Lateinamerikas. 2007 war er Energie- und Bergbauminister unter dem ecuadorianischen Präsident Rafael Correa. Später, bis 2008, Präsident der Verfassungsgebenden Versammlung von Ecuador und 2014 Präsidentschaftskandidat der Partei Pachakutik.
Auf der Suche nach Alternativen zu herkömmlichen Entwicklungsmodellen
Acosta hat fast zehn Jahre, von 1970 bis 1979, in Deutschland gelebt und hier auch studiert. An der FH Köln schloss er eine Ausbildung zum Diplombetriebswirt ab, an der Uni Köln studierte er Wirtschaftsgeografie und Volkswirtschaft und machte einen Abschluss als Diplomvolkswirt mit dem Schwerpunkt Energiewirtschaft.
Von 1970 bis 1979 war Acosta – auch als Vizekonsul – an der ecuadorianischne Botschaft in Bonn tätig und erhielt 1980 das Bundesverdienstkreuz. Nach seiner Rückkehr nach Ecuador arbeitete er für verschiedene Unternehmen und staatliche Organisationen des Landes. Daneben unterrichtete er an einer Reihe von Universitäten Ecuadors und veröffentlichte eine Vielzahl von Beiträgen für Bücher, Zeitschriften und Zeitungen – vor allem zur Energie- und der Entwicklungspolitik, aber auch zum Problem der Auslandschulden. In den letzten Jahren beschäftigte sich Acosta dann zunehmend mit den grundsätzlichen Fragen der “Entwicklung”, der “Unterentwicklung” und mit Alternativen zu den herkömmlichen Modellen
Präsident der Verfassungsgebenden Versammlung Ecuadors
Als Politiker, insbesondere als Präsident der Verfassungsgebenden Versammlung in Montecristi, bestimmte Alberto Acosta die Debatte über die Verankerung indigener Vorstellungen und Werte in der Verfassung wesentlich mit. Dass das “Buen Vivir”, aber auch Menschen- und Naturrechte, Eingang in die ecuadorianische Verfassung von 2008 fanden, ist vor allem ihm zu verdanken. In seinem (auf Spanisch und Französisch) erschienenen Buch “El Buen Vivir – una oportunidad para imaginar nuevos mundos” (Das gute Leben – eine Chance neue Welten zu entwerfen) setzt er sich intensiv mit dem neuen – oder besser gesagt – dem anderen Denken auseinander und geht der Frage nach, wie es für eine solidarischere und demokratischere Lebensweise sorgen kann: Für eine interkulturelle, plurinationale Gesellschaft, ohne Zerstörung der Natur und ohne Ausbeutung des Menschen, zu deren Gundüberzeugungen Diversität und Toleranz gehören. Damit wurde er fast naturgemäß auch einer der wichtigsten Theoretiker in der Debatte um die sogenannte “decroissance”, die “Wachstumsrücknahme”, die seit einiger Zeit auch in Europa geführt wird.
Mitinitiator der Yasuní-ITT-Initiative
Weltweit bekannt wurde Alberto Acosta über die von ihm als Energie-Minister mitverantwortete Yasuní-ITT-Initiative. Diese bietet der internationalen Gemeinschaft an, einen Teil des Erdöls, das sich im ecuadorianischen Yasuní-Biosphärengebiet befindet, nicht zu fördern, wenn dafür ein finanzieller Ausgleich geschaffen wird. Die Initiative zum Schutz des Klimas, der Regenwälder und einer Reihe indigener Völker wurde weltweit diskutiert.
26.4.2024
Alberto Acosta
… gehört zu den führenden Intellektuellen Lateinamerikas. Er wurde 1948 in Quito geboren. 2007 war er Energie- und Bergbauminister unter dem ecuadorianischen Präsident Rafael Correa, später, bis 2008, Präsident der Verfassungsgebenden Versammlung von Ecuador und 2014 Präsidentschaftskandidat der Partei Pachakutik. Weitere Informationen zu Alberto Acostas Wirken finden sich unter dem Podcast-Ankündigungstext.
Der SprechZeit-Moderator
Klaus Schaake begleitete von 2012 bis 2019 die Öffentlichkeitsarbeit des Förderprogramms „Aktiver Kernbereich Friedrich-Ebert-Straße“. Seit 2020 engagiert sich der Herausgeber des StadtZeit Kassel Magazins auch für das mittendrin-Onlinemagazin, das aus dem gedruckten Quartiersmagazin hervorging. Seit Anfang 2019 vermittelt der Kommunikationsexperte sein Wissen in Form von Seminaren, Workshops und Trainings und nimmt Lehraufträge an der Universität Kassel zum Thema „Public Relations“ wahr.
www.klausschaake.de