Gemeinsam den Beat bestimmen!
Von Aufnahme bis Abschlusskonzert: Im BEAT-Projekt produzieren Kasseler Jugendliche ihre eigene Musik.
Es ist ein lauer Montagnachmittag im Stadtteil Wesertor.
Im Stadtteilzentrum läuft bereits das Casting des BEAT-Projekts. Vor der Eingangstür läuft ein Jugendlicher mit Mini-Kopfhörern in den Ohren auf und ab. Er rappt leise vor sich hin und nutzt den Moment, bevor er auf die Bühne geht, um seinen neuen Song zu performen. Lautes Stimmengewirr begleitet weitere junge Menschen, die warten, bis sie an der Reihe sind, um ihre Musik vorzustellen. Manche sind als Gruppe da, andere planen einen Soloauftritt. Nach und nach ruft eine Mitarbeiterin des BEAT-Teams die Wartenden aus dem Gemeinschaftsraum auf die Bühne. In dem Raum befinden sich, auf mehrere Grüppchen verteilt, ein Dutzend Teenager zwischen 14 und 19 Jahren. Die meisten tragen Alltagsklamotten, Jeans und T-Shirts, manche auch Ausgefalleneres wie Kleider oder Kunst-Lederhosen. An den stylischen Frisuren und Accessoires, wie Ohrringen und Ketten sieht man, dass sich alle für ihr Vorspielen oder -singen schick gemacht haben. Die vorfreudige Aufregung vor dem Bühnenauftritt liegt in der Luft.
Zusammen experimentieren und kreativ sein
Beim BEAT-Projekt treffen die verschiedensten Musikrichtungen und Menschen aufeinander. Sei es HipHop auf klassische Musik, E-Gitarre auf Gesang oder Rock auf Soul. Damit sich das alles koordinieren lässt, begleiten sechs Profis die teilnehmenden Jugendlichen. Die Expertinnen und Experten für Rap, Klavier, Gesang und Musik greifen den Musikmachenden tatkräftig unter die Arme. Die verlassen sich dabei auf Wissen und Erfahrung vom Rapper Young Pato, dem Pianisten Aeham Ahmad, dem Klavierbaumeister Frank Eichler, dem Sänger Luca Pfeiffer, dem Musiker Sami Mustafa und der Kasseler Stiftungsmanagerin Sarah Baum. “Die Teilnehmenden nach so viel Vorbereitung des Projekts endlich auf der Bühne zu sehen, ist ein tolles Gefühl. Wir freuen uns über jeden und jede, die bei unserem Projekt mitmachen und sind gespannt, was wir mit den Jugendlichen alles machen werden,” sagt Anna Montua, die Teil des Projektteams ist. Die Musizierenden, Singenden und kreativ Denkenden entwickeln das Endprodukt ganz nach dem Motto “Bestimme den Beat” selbst. “Über Musik, das kreative Miteinander bei der Entwicklung der Lieder und das Zusammenspiel im Takt, entstehen besonders starke Verbindungen und Zusammenhalt, was wir hier gerne stärken wollen.” Denn BEAT steht sowohl für Rhythmus und Takt, als auch für Beteiligung, Erfahrung, Austausch und Team.
Gemeinsam entsteht ein großes Projekt
Junge Menschen beteiligen sich an allen Prozessen rund um die Musikproduktion. Mit Begleitung der Expertinnen und Experten schreiben sie Songtexte, machen Musik, kümmern sich um die Musikaufnahme, entwerfen Kunst oder Fotografien für das Musik-Cover und produzieren anschließend ein Musikvideo. Darüber hinaus organisieren die Projekt-Teilnehmenden ein Abschlusskonzert. So sammeln sie praktische Erfahrungen. Austausch ist dabei ein wichtiger Teil des gemeinsamen Schaffens. Die Jugendlichen teilen ihr Wissen untereinander und lernen zusätzlich von erfahrenen Musikschaffenden. Denn im Team funktioniert der Weg zum Abschlusskonzert am Besten. Die einen singen gerne, die anderen interessieren sich für die Aufnahmen der Musikvideos.
Alle Auftritte begeistern die Jury
Auf der bunt beleuchteten Bühne tummeln sich an diesem Nachmittag die verschiedensten Künstlerinnen und Künstler. Die Band “The Resonants” tritt heute zu viert auf, kann schon auf kleine Auftritte im Theaterstübchen zurückblicken und spielt meistens eigene Musikstücke. Sie spielen zwei Lieder und überzeugen damit die Jury: Die Resonants bekommen eine Zusage für die Teilnahme am BEAT-Projekt. Danach zeigt ein junger Rapper sein Talent. Wael issa Latouf kommt ursprünglich aus Syrien, rappt seit zwei Jahren und singt über seine internationale Freundesgruppe. Die Jury diskutiert mit den Jugendlichen nach ihren Auftritten über ihre musikalische Zukunft. Auch Wael issa Latouf bekommt Lob, dass die Jury zum Teil auf arabisch äußert. “Dass unser Team vielsprachig unterwegs ist, ist hier ein großer Vorteil”, sagt Silas Steininger. Der Student der Sozialen Arbeit ist Praktikant beim Projekt und hilft beim Casting an diesem Nachmittag. Auch das Klaviersolo von Rami Wahbeh, der auf einen der Plätze im Projekt hofft und in seine Präsentation besonders viel Herzblut steckt, erhält positive Rückmeldung. „Wenn du die nächsten sechs Monate Zeit und Lust hast, beim BEAT-Projekt mitzumachen, bist du dabei!“. Die Jury-Mitglieder loben auch die beiden Solo-Sängerinnen Iustina Enascuta und Lajla Smrkovic für ihre schönen Stimmen. Dass die beiden ohne rhythmusgebende Instrumente singen, freut die Expertinnen und Experten besonders. Die “Band aus Kassel ohne Namen” steht an diesem Tag trotz Abistress auf der Bühne. Ihre Musik kommt so gut an, dass die Jury direkt um eine Zugabe bittet.
Gemeinsam Musik machen
Für die Teilnehmenden am Projekt stehen nun spannende sechs Monate an. Dort können die Nachwuchs-Musikerinnen und -Musiker alles lernen, was zur Musikproduktion dazu gehört. In sechs Workshops gestalten die jungen Menschen die Prozesse aktiv mit. Die Jugendlichen können sich dabei frei entfalten. Nach der Zusage für die Projektteilnahme sieht man allen Bewerberinnen und Bewerbern die Freude und Erleichterung an. Auch das Projekt-Team ist sehr motiviert und freut sich auf die kommende Zusammenarbeit. Sowohl die Expertinnen und Experten als auch die Jugendlichen haben große Lust ihrer Leidenschaft des Musikmachens nachzugehen. Noch steht das Projekt am Anfang der Prozesse. Das Finale ist aber schon klar in Sicht: Die jungen Musikerinnen und Musiker präsentieren ihre Songs bei ihrem Abschlusskonzert. “Mir ist es wichtig, dass die Jugendlichen über eine gute Zeit hinaus auch eine professionelle Ausrichtung innerhalb des Musik-Szene bekommen“, sagt Roberta Wagner, die Initiatorin des Projekts, „Und dass sie erleben können, wie Musik hinter den Kulissen entsteht”.
Das BEAT-Projekt
… richtet sich an junge Menschen mit und ohne Behinderung und setzt an ihrem gemeinsamen Interesse, der Musik, an. BEAT steht dabei für Beteiligung, Erfahrung, Austausch und Team. Innerhalb der Projektzeit stehen sechs Workshops an. Dazu gehören Musik machen, Musik aufnehmen, Coverart entwerfen, Musikvideo aufnehmen, Verbreitung in den Sozialen Medien und ein Auftritt im Rahmen des Abschlusskonzertes.
Das Projekt läuft insgesamt über drei Jahre. Über einen Zeitraum von jeweils sechs Monaten coacht das Team junge Musikerinnen und Musiker. Wer zwischen 14 und 19 Jahren alt ist und an Musik, Design oder Technik interessiert ist, kann sich über die Webseite näher über das BEAT-Projekt informieren.
29.06.2022
Autorinnen: Paula Behrendts und Maria Bisalieva
Auch im StadtZeit Kassel Magazin, Ausgabe 110, Juni/Juli 2022
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