Die neue Kreativschmiede im Werratal
Kindern und Jugendlichen bietet das medienWERK Eschwege einen Zugang zu ton und Film. Auch Musik- und Medienbegeisterte haben hier ihren ganz eigenen Ort bekommen.
Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf der Werrabrücke in Eschwege. Hinter Ihnen liegt die Einkaufsstraße und das mittelalterliche Zentrum der Fachwerkstadt. Vor Ihnen sehen Sie Brückenhausen auf der Werrainsel zwischen den zwei Flussarmen. Sie gehen einige Meter weiter und biegen rechts in die Mangelgasse ab. Schon hier, in der zweiten Reihe, sind die Gebäude weniger auffällig als noch auf der Brückenstraße.
Die niedrigen Baukörper beherbergen ein Fitnessstudio, ein Antiquitätengeschäft sowie sich aneinanderreihende Wohnhäuser. Nach nur wenigen Fußminuten läuft die Straße auf einem geschotterten Parkplatz aus. In diesem Moment sieht der weitläufige, aber verlassene Platz nicht so aus, als würden hier jedes Jahr zwanzig tausend Menschen zusammen das Open-Flair-Festival feiern. Ein imposantes Backsteingebäude auf der linken Straßenseite zieht Ihren Blick auf sich. In großen Lettern steht auf seiner Außenwand „E-Werk“. Das ehemalige E-Werk ist heute unter dem gleichen Namen ein Ort für Kultur, Tagungen und Feiern. Und gleich daneben steht ein roter Neubau mit einer ausgefallenen Kubatur. Sein auffälliges Dach mit unregelmäßigen Giebeln mutet wie eine Tonwelle an. Fast lässt sich an dieser Form die innere Nutzung des Gebäudes erahnen, denn das medienWERK ist ein Studio für Kommunikation und Film.
Kreativ und nachhaltig
Vor dem Umzug in den Neubau nutzte das medienWERK ab 2016 mit dem ehemaligen Sozialgebäude einen Holzbau auf dem Gelände des E-Werks und startete mit seiner Arbeit. Fach- und generationsübergreifend vermittelt das Team, bestehend aus zwei Mediengestalter:innen und vier Auszubildenen, den Bürger:innen der Stadt und des Kreises Medienkompetenz. Ein besonderer Fokus liegt auf Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche. Außerdem fertigt das medienWERK kreisweit audiovisuelle Produktionen für Städte, Schulen, Vereine oder Veranstaltungen an. Als „wesentlicher Baustein der kulturellen Landkarte des Kreises“, wie das Planungsteam auf seiner Webseite schreibt, qualifizierte sich das medienWERK für Zuschüsse aus der Land(auf)Schwung-Förderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
Das für einen Neubau ausgelobte Vergabeverfahren, an dem sich mehrere Büros beteiligten, entschied im Jahr 2019 das Kasseler Architektur- und Landschaftsarchitekturbüro foundation 5+ mit seinem Entwurf für sich. Zwei Jahre später war das „frische“ medienWERK auf dem Gelände des E-Werks bezugsfertig. Es entstand ein etwa 350 Quadratmeter großes, eingeschossiges Gebäude mit einer unregelmäßigen Dachform.
Beim medienWERK sorgen die unterschiedlich stark geneigten Dächer zu einer besonderen Gliederung der Giebelfassade des Baukörpers. Mit einer großen Fensterfront zur Straßenseite zeigt sich das medienWERK bewusst offen. Für Verschattung und sommerlichen Wärmeschutz an der nach Süden ausgerichteten Fensterfront sorgt ein Vorsprung in der Gebäudekubatur. Dreifachverglasungen, umweltfreundliche mineralische Dämmstoffe und ein Be- und Entlüftungssystem mit Wärmerückgewinnung sind weitere Aspekte des neuen Gebäudes, die auf sorgfältige Erwägungen hinsichtlich ökologischer Nachhaltigkeit durch das Planungsbüro hinweisen.
Der Eingang zum medienWERK befindet sich an der Südfassade. Den Gebäudeteil rechts des Eingangs nimmt ein Tagungs- und Seminarraum ein, der sich unabhängig vom Rest des medienWERKS nutzen lässt. Auf der anderen Seite dient eine Lounge als Aufenthalts- und Verteilerraum für die verschiedenen Nutzenden des Gebäudes. Dahinter befinden sich die Räumlichkeiten für die Ton- und Filmproduktion.
Zukunftsweisend für den ländlichen Raum
Das medienWERK gilt als Leuchtturmprojekt des Modellvorhabens Land(auf)Schwung. Ziel der Förderung war es, in 13 Regionen Deutschlands die regionale Wertschöpfung zu stärken, die Daseinsvorsorge zu sichern und den demografischen Wandel aktiv zu gestalten. Konzepte wie das medienWERK sind ein wichtiger Schritt für die digitale Zukunft des ländlichen Raums. Martin Otremba, der Leiter des medienWERKs, ist begeistert: „Ich finde, jeder Landkreis sollte seinen Bürgerinnen und Bürgern ein solch tolles Projekt anbieten.“
22.01.2023
Text:
Marlena Multhaupt
Auch zu lesen im StadtZeit Kassel Magazin, Ausgabe 113, Dezember/Januar 2022/23
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Ein Dankeschön an die Architektur- und Planungsbüros aus Kassel und Region, die die StadtZeit-Berichterstattung zu Themen rund um Architektur, Städtebau und Baukultur fördern.