Auf dem Weg zum klimafreundlichen Theater
Zukunftsweisende Kooperation von Staatstheater Kassel und Universität Kassel
Zum Abschluss der Kooperation haben Florian Lutz (Intendant Staatstheater Kassel), Prof. Dr. Klaus Vajen (Solarcampus Univ. Kassel), Prof. Dr. Heike Wetzel (Solarcampus Univ. Kassel), Julian Firges (Energieffizienz-Ingenieur Staatstheater Kassel), Linus Hübner (Student Nachhaltiges Wirtschaften), Lars Albert (Student Regenerative Energien) und Helmut Simon (Sprecher des Klimarats am Staatstheater Kassel) die Studienergebnisse und Erfolge vorgestellt.
Leuchtturmcharakter haben Kulturinstitutionen in vielerlei Hinsicht – Klimafreundlichkeit gehört bislang nur bedingt dazu. Eher gleicht ein älterer Theaterkomplex wie das Staatstheater Kassel einer Blackbox, bei der zunächst nicht klar ist, wohin die Unmengen Energie fließen und wo sie eingespart werden kann – angefangen von der Bühnentechnik über die Gebäudestruktur und die Arbeitsplätze bis hin zum Mobilitätsverhalten des Publikums.
Um dies zu ändern, setzen sich die Bühnenleitung und der aus einer Mitarbeiterinitiative entstandene Klimarat des Staatstheaters Kassel seit geraumer Zeit für mehr Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit ein, angefangen von technischen und baulichen Maßnahmen über wissenschaftliche Studien bis hin zu künstlerischen Darbietungen. Einen deutlichen, kostensparenden Effekt hatten bereits seit 2022 von allen Mitarbeiter:innen umgesetzte Maßnahmen, die von Temperaturabsenkung bis zu Papiereinsparung reichen.
Kooperation mit dem Solarcampus
Als entscheidender Baustein für einen messbaren Erfolg hat sich jedoch die Kooperation mit dem preisgekrönten Projektstudium Solarcampus der Universität Kassel erwiesen: Zwei Jahre lang haben Studierende des Solarcampus die energetische „Blackbox“ Staatstheater Kassel analysiert und ihre Erkenntnisse zur Verfügung gestellt. Zum Abschluss dieser wegweisenden Kooperation haben die Beteiligten jetzt im Rahmen eines Pressegesprächs die aktuellen Ergebnisse und Erfolge vorgestellt. Dazu gehören praktische Vorschläge zur CO2-Minderung und zur Geld- und Energieeinsparung wie z.B. die Reduzierung der überdimensionierten Anschlussleistung der Fernwärme. Ein anderes Problem ist die Warmwasserzirkulation, deren Wärmeverluste rund viermal so hoch sind wie der gesamte Warmwasserbedarf, wie Prof. Dr. Klaus Vajen von der Universität Kassel ausführt. „Die gefundenen technischen Verbesserungsmöglichkeiten sind für ein Gebäude dieser Größenordnung leider nicht ungewöhnlich.“ Prof. Dr. Heike Wetzel vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften ergänzt: „Die Zusammenarbeit mit dem Staatstheater war wirklich sehr gut, und es war insbesondere für die Studierenden eine äußerst interessante Erfahrung“.
Den größten Anteil an den Gesamtemissionen eines Theaters macht laut Studien an vergleichbaren Kulturinstitutionen die An- und Abreise des Publikums aus. Vor diesem Hintergrund haben Studierende des Solarcampus auch eine detaillierte Mobilitätsstudie erstellt, für die sie über 1000 Theaterbesucher:innen befragten, und die u.a. wichtige Daten liefert, um ein möglichst klimafreundliches Mobilitätskonzept für die ab Herbst 2025 bespielte Opern-Ersatzspielstätte zu erstellen.
Intendant Florian Lutz: „Es ist großartig, was durch die Zusammenarbeit mit dem Solarcampus alles auf den Weg gebracht werden konnte. Allen Beteiligten gilt mein herzlicher Dank – nicht zuletzt dem Klimarat, von dem die Anregung zu dieser Kooperation kam.“
Umsetzung durch Energieeffizienz-Ingenieur
Um die Erkenntnisse konsequent umzusetzen, hat das Staatstheater Kassel im April 2024 einen der ersten Solarcampus-Teilnehmer, den Energieeffizienz-Ingenieur Julian Firges, eingestellt, der auch die Bausitzungen zur Opernhaussanierung begleitet. „Durch die Messungen der Studierenden konnten wir erstmals Fehler in der Steuerung von Pumpen und Raumlufttechnik sichtbar machen, große Verluste bei Mittelspannungstransformatoren und Klimaanlagen aufdecken und beides beheben“, erklärt Julian Firges. Allein viele hundert Megawattstunden Energie – entsprechend etwa dem Jahresverbrauch von 100 Haushalten – hat das Staatstheater Kassel seitdem einsparen können und 38 neue Projekte für mehr Energieeffizienz angestoßen.
Der Klimarat als treibende Kraft
Eine treibende Kraft, ohne die der Wandel zum klimafreundlichen Theater nicht in diesem Tempo von statten gehen könnte, ist der Klimarat des Staatstheaters Kassel, dessen Mitglieder sich regelmäßig mit der Bühnenleitung austauschen und in ihrer Freizeit neue Ideen und Projekte entwickeln und umsetzen. Dazu gehört die „(E)mission Wohnung“, eine begehbare, mit Energiespartipps versehene Installation, die nach der Präsentation im Opernfoyer schon zu Ausstellungen an die Städtischen Werke Kassel, die Galeria Kaufhof und das Wilhelmsgymnasium verliehen wurde. Auf Betreiben des Klimarats kooperiert das Staatstheater Kassel zudem mit der Materialverteilung Kassel e.V. und konnte so die Weichen für eine Kreislaufwirtschaft mit Bühnenmaterialien stellen.
Nicht zuletzt veranstalten Musiker:innen des Staatsorchesters Kassel, die auch Mitglieder des Klimarats sind, regelmäßig Kammerkonzerte zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Das Staatsorchester Kassel ist seit 2021 Mitglied im bundesweiten Verein „Orchester des Wandels“, das gerade mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde.
Helmut Simon, Sprecher des Klimarats, sagt: „Wir können unseren Lebensraum nur bewahren, wenn wir jetzt tätig werden, genau an den Stellen, an denen wir etwas bewegen können. Zusammen mit Gleichgesinnten können wir viel erreichen.“
Weitere Informationen zum Solarcampus unter https://www.uni-kassel.de/maschinenbau/studium/aktuelles/studium-re2/projektstudium-solarcampus
Informationen zum Klimarat des Staatstheaters Kassel unter: https://www.staatstheater-kassel.de/page/staatstheaternatuerlich
05.12.2024