Das Konklave von Rothwesten
„Immer wieder freitags…“: Die Serie des Vereins der Gäste- und Museumsführer in Kassel und Region e.V.
Im April 1948 wurden elf Experten in einem Bus, aus dem man nicht nach draußen sehen konnte, von Bad Homburg nach Rothwesten, in der Nähe von Kassel gebracht, um hier vom 21. April bis 8. Juni 1948 die rechtlichen Grundlagen für eine Währungsreform zu erarbeiten.
Die wirtschaftliche Situation Deutschlands war nach dem zweiten Weltkrieg geradezu katastrophal und es war klar, dass sich das nur mit der Einführung einer neuen Währung langfristig ändern würde. Schließlich waren es die Amerikaner, die die Initiative ergriffen. Es glich jedoch einer Entführung, als im April 1948 elf Experten in einem Bus, aus dem man nicht nach draußen sehen konnte, von Bad Homburg nach Rothwesten, in der Nähe von Kassel gebracht wurden um hier die rechtlichen Grundlagen für eine Währungsreform zu erarbeiten. Im heutigen „Haus Posen“ fand im Frühjahr 1948 das sogenannte „Konklave von Rothwesten“ statt. Hier, in der Abgeschiedenheit der ehemaligen Fliegerhorst-Kaserne, die von US-Truppen belegt war, hatten die Amerikaner in völliger Geheimhaltung vom 21. April bis zum 8. Juni 1948 elf deutsche Finanzexperten aus den Ländern der westlichen Besatzungszonen zusammengebracht.
Hinter Schloss und Riegel, von US-Militärpolizisten mit Maschinenpistolen bewacht, haben diese Experten unter der Leitung des jungen US-Volkswirtschaftlers Edward A. Tenenbaum (siehe Foto) innerhalb von sieben Wochen die gesetzlichen Grundlagen mit allen Verordnungen und Durchführungsanweisungen für die Währungsreform erarbeitet, auf deren Grundlage am 20. Juni 1948 die neue D-Mark zur Auszahlung kam.
In der Bevölkerung hatte man verlauten lassen, dass hier streng bewacht, Kriegsverbrecher auf ihren Prozess warteten – was zumindest im Hinblick auf die strenge Bewachung plausibel war. Es gab sogar Schießbefehl für den Fall eines Fluchtversuchs, denn es musste um jeden Preis vermieden werden, dass irgendwer von den Verhandlungen erfuhr.
Was jedoch zu dieser Zeit fast niemand wusste war die Tatsache, dass das neue Geld bereits Ende 1947 in den USA gedruckt und per Schiff und Bahn in gut 23.000 Kisten über Bremerhaven nach Frankfurt in die US-Zone gebracht worden war. Wie das Foto rechts zeigt, sind einige der damaligen Transportkisten im Haus Posen ausgestellt. Sie waren allerdings mit „doorknob“, also Türknopf markiert, um den eigentlichen Inhalt zu verschleiern.
Davon und von vielem mehr erzählt im Haus Posen eine Ausstellung, die anhand informativer Schautafeln die Entwicklung zur Währungsreform und ihre Auswirkungen bis zu den Anfängen des „deutschen Wirtschaftswunders“ aufzeigt.
Ein spannendes und dennoch vielfach unbekanntes Stück deutscher Geschichte. Der Museumsverein „Währungsreform 1948“ hat zahlreiche Dokumente, Fotografien und Aufnahmen zusammengetragen, um diesen so wichtigen Teil der deutschen Geschichte dem Vergessen zu entreißen. Und auch wenn bereits über 70 Jahre seit dem Konklave vergangen sind, so fühlt man sich mit dem Eintritt in das kleine Währungsreformmuseum in diese Zeit zurückversetzt.
Das Museum ist für Gruppen nach Voranmeldung jederzeit geöffnet, individuelle Besucher können das Haus Posen am ersten Samstag im Monat von 13 bis 17 Uhr besuchen.
Text: Claudia Panetta-Möller
Info:
Museum Währungsreform 1948; Haus Posen, Edward-Tenenbaum Straße; Fritz-Erler-Anlage; 34233 Fuldatal (ÖPNV: Bus Linie 40; Haltestelle: Am Fliegerhorst)
Immer wieder freitags…
In einer E-Mail an seine Mitglieder schrieb der Vorstand der des Vereins der Gäste- und Museumsführer in Kassel und Region e.V.: „Nachdem nun auch die Wasserspiele bis auf Weiteres abgesagt wurden und tatsächlich nicht abzusehen ist, dass es in den nächsten Wochen Führungen geben wird, haben wir uns im Vorstand überlegt, wie wir diese Zeit dennoch sinnvoll nutzen können. So ist die Idee entstanden, dass wir ab sofort jeweils freitags eine Persönlichkeit, ein Objekt in einem Museum, eine Pflanze oder auch einen etwas unbekannteren Ort vorstellen.“
Gesagt, getan.
Den Auftakt machte ein Beitrag von Claudia Panetta-Möller, den die mittendrin an dieser Stelle dokumentiert. Weitere Beiträge werden folgen.
Kontakt/Info:
Verein der Gäste- und Museumsführer in Kassel und Region e.V.
Claudia Panetta-Möller
Tel. 0561 / 60290204
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