„Ein neues, poetisches Bild“
Für den Gestaltungsbeirat ist das Resultat des Wettbewerbs ein Entwurf, der zu diesem Ort passt, zugleich ein neues, poetisches Bild erzeugt und der die Kraft hat, den Grimmplatz wieder ins Bewusstsein der Kasseler Bevölkerung zu rufen. Stellungnahme des Gestalatungsbeirats zum Entwurf für den Brüder-Grimm-Platz.
Böse Zungen behaupten „wenn der Architekt nix weiß, macht er einen Kreis“. In diesem Fall hat ein Team von Landschaftsarchitekt*innen gründlich über den Ort, seine Geschichte, eine zeitgemäße Nutzung des Grimmplatzes und seine Funktion im Stadtgefüge Kassels nachgedacht und hat dann einen Kreis gemacht, der besser als alle anderen Lösungen den Anforderungen dieses Platzes gerecht wird.
Der Kreis in Form eines kompakten Kiefernhains nimmt nicht nur Bezug auf die ursprüngliche historische Form eines baumumstellten Platzes, sondern markiert auch den Knickpunkt der beiden prägenden städtischen Achsen Wilhelmshöher Allee und Königsstraße. Die Baumkronen der hochstämmigen Kiefern markieren ein weithin sichtbares Zeichen, auf Fußgängerebene bleibt der Hain licht und die historischen Gebäude dahinter wahrnehmbar. Durch sein Volumen und seine Höhe gibt der kreisrunde Wald dem durch den Verkehr zerschnittenen und die heterogenen Randbebauung diffusen Platzraum eine wahrnehmbare Mitte.
Durch die Kompaktheit dieses Kreises wird im wahrsten Sinne des Wortes Platz gemacht für großzügige und vielfältig nutzbar Platzflächen vor den angrenzenden historischen Gebäuden, die so hervorragend in Szene gesetzt werden. Der Entwurf integriert den vorhandenen Baumbestand und reagiert mit einfachen und überzeugenden Mitteln auf verkehrlichen Anforderungen und die komplizierte Topografie mit einem Höhenunterschied von 8 Metern zwischen Landesmuseum und Friedrichstraße.
Dieser Entwurf ist sicher nicht der spontanen Laune der Landschaftsarchitekt*innen oder gar der des Stadtbaurates entsprungen. Er ist das Ergebnis eines langen und von vielen Menschen begleiteten Prozesses. Ein zweistufiger Wettbewerb mit 16 beteiligten Planungsbüros, ein hochkarätig besetztes Fachpreisgericht u. a. mit lokalen und überregionalen Vertreter*innen des Denkmalschutzes, einer Vertreterin von ICOMOS (Monitoring Welterbe Bergpark) sowie Vertreter*innen der Kasseler Politik und Verwaltung. Vor allem aber auch ein breit besetzter Wettbewerbsbeirat mit rd. 40 Personen, die auf diese Weise ihre jeweiligen Interessen vertreten konnten und die Wettbewerbsbeiträge diskutiert und kommentiert haben. Ein aufwendiges Verfahren also, das nicht selbstverständlich ist, aber ein wichtiges Instrument darstellt, um dem Anspruch an Baukultur in dieser Stadt gerecht zu werden.
Das Resultat ist ein Entwurf, der zu diesem Ort passt und zugleich ein neues, poetisches Bild erzeugt, das manche kitschig finden mögen, das aber sicher die Kraft hat, den Grimmplatz wieder ins Bewusstsein der Kasseler Bevölkerung zu rufen (das ist ihm vielleicht jetzt schon gelungen) und ein attraktiver Anziehungspunkt für zukünftige Besucher*innen zu werden. Damit dies gelingt, darf der Entwurf für den Grimmplatz jetzt nicht zu einem halbherzigen Kompromiss zerredet werden, sondern muss in seiner Konsequenz und Klarheit umgesetzt werden. Darauf sollten wir alle achten und sowohl die Planer*innen, wie auch Politik und Verwaltung verpflichten.
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Matthias Foitzik im Namen des Beirats für Stadtgestaltung der Stadt Kassel.