Kassel – eine Sportstadt erst auf den zweiten Blick
“Immer wieder freitags…”: Die Serie des Vereins der Gäste- und Museumsführer in Kassel und Region e.V.
Kassel bietet mehr als Kunst und Kultur, Kassel kann auch Sport.
Wer an Kassel, an die Metropole an der Fulda, denkt, sieht vor seinem geistigen Auge den mächtigen Herkules mit seinen beeindruckenden Wasserspielen, die Brüder Grimm und ihre wegweisenden Werke und die großen und kleinen Künstler der Documenta. Doch Kassel bietet mehr als Kunst und Kultur, Kassel kann auch Sport: Kassel kann die „großen“ Sportarten wie Hand- und Fußball, Kassel kann Eishockey, Kassel kann Wassersport und Kassel kann Freizeitsport in beinahe jeglicher Hinsicht.
Ein Überblick.
Das Schmuckstück des nordhessischen Sports ist die Heimstätte des KSV Hessen: Das Auestadion. Die Fußballer aus der Kasseler Südstadt kehren – nach ihrem coronabedingten Aufstieg am „grünen Tisch“ im Frühsommer 2020 -in der kommenden Spielzeit zurück in die Regionalliga, die vierthöchste deutsche Spielklasse. Auf und ab ging es für die Löwen in den vergangenen Jahrzehnten – mit Glanzzeiten in den 80er Jahren, doch ohne die Krönung der sportlichen Bemühungen: Dem Aufstieg in die Bundesliga, der beletage des deutschen Fußballs. In den 1980er Jahren scheiterten die Löwen gleich mehrfach denkbar knapp beim Versuch von der zweiten in die erste Liga aufzusteigen und erarbeiteten sich den traurigen Ruf der „Unaufsteigbaren“. Danach ging es langsam, aber stetig bergab. Insolvenzen gaben den altehrwürdigen rot-weißen Löwen den Rest: Zwangsabstieg, Neuanfang, abermals Insolvenz. Doch der Mythos KSV ist im weiten Rund des grundsanierten Auestadions, welches seit 2008 noch von vier mächtigen Flutlichtmasten gekrönt wird und Austragungsort Deutscher Leichtathletikmeisterschaften war, noch immer spürbar. Eine Rückkehr in den Profibereich des deutschen Fußballs würde den schlafenden Riesen wecken – die Begeisterung für die „Löwen“ in der Stadt ist ungebrochen.
Das Auestadion in Kassel am 9. August 2015 während des DFB-Pokalspiels KSV Hessen Kassel gegen Hannover 96. Endstand 0:2.
Begeisterung erleben auch die Fans der Kassel Huskies. 1994 waren die Blau-Weißen Mitbegründer der Deutschen Eishockeyliga DEL und mischten in den Glanzzeiten des kasseler Eishockeys, den 90er Jahren, das deutsche Eishockey-Geschehen ordentlich auf. Die deutsche Vize-Meisterschaft 1997 war der vorläufige Höhepunkt der nordhessischen Eishockey-Historie, die bereits in den 1960er Jahren mit ersten Spielen auf gefrorenen Seen oder gefluteten Tennisplätzen im Aschrottpark begonnen hatte. Doch dann begann der Stern in den 2000er-Jahren zu sinken: Planlose Manager holten lustlose Spieler und plötzlich spielte die einstige deutsche Eishockey-Hochburg, deren Anhänger die „besten Fans der Liga“ sein sollten, nur noch in der zweiten Liga. Es folgte – wie im benachbarten Auestadion – eine Insolvenz und der Neustart in der untersten deutschen Spielklasse. Doch nach einigen Jahren Amateursport gelang der Wiederaufstieg in die DEL2. Trotz maroder Eissporthalle, trotz chaotischer Führung – sportlich läuft es. Meister der DEL2 im Jahr 2016 und die angestrebte und vor allem nicht unrealistische Rückkehr in die DEL sollen in der nahen Zukunft folgen.
Action auf dem Eis: Der Torhüter der Kassel Huskies in der Saison 2019/2020: Leon Hungerecker.
Das Aushängeschild Nummer eins des nordhessischen Sports sind in den vergangenen Jahren die Handballer der MT Melsungen geworden. In der Kasseler Rothenbachhalle spielen die rot-weißen Werfer-Experten ihre Heimspiele und haben sich seit ihrem Aufstieg in die Handball-Bundesliga im Jahr 2005 zu einer festen Größe im deutschen Handball entwickelt. Platzierungen im Spitzenfeld der Tabelle wurden in den vergangenen Jahren regelmäßig erreicht, die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen sowie dem Pokal-Final-Four setzten dem nordhessischen Handball-Spaß die Krone auf. Weitestgehend skandalfrei und in finanziell trockenen Tüchern ist die MT längst Anlaufstelle amtierender und werdender Nationalspieler. Erfolgreicher Sport, tolle Stimmung und Stars zum Anfassen runden das Bild des sympathischen Bundesligisten ab.
Kein Sport für Weicheier: In der Handball-Bundesliga packen die Werfer der MT Melsungen richtig zu, neben dem Spielfeld haben die Rot-Weißen sich den Ruf erarbeitet, Stars zum Anfassen zu sein.
Rand- und Freizeitsport auf hohem Niveau
Jedoch bietet Kassel auch reichlich Spitzensport in weniger populären Sportarten: Die Ruderer und Kanuten finden auf der Fulda mit ihrer Regattastrecke beste Bedingungen und so manch internationaler Top-Athlet hat seine Wurzeln in Kassel oder ist des Trainings wegen hier her gekommen und konnte später auf der großen Bühne Erfolge feiern. Mit dem Kassel Marathon hat sich eines der größten Laufevents der Republik in Kassel etabliert und lockt nicht nur Top- und Hobbyläufer, sondern auch tausende Schaulustige Jahr für Jahr auf und an die Strecke. Der nahe Habichtswald bietet mit seiner neuen Mountainbikestrecke Sportspaß auf zwei Rädern, dazu kommen dort ungezählte Wander- und Joggingstrecken und bei ausreichend Schneefall wird sogar ein Skilift angeworfen und eine kleine, aber sehr feine Abfahrt lädt zum entspannten Skivergnügen nach Feierabend ein. Übrigens ebenso wie viele Loipenkilometer, die für Langläufer im Habichtswald bei ausreichend Schnee tolle Bedingungen bieten. Oder soll es etwas luftiger sein? Dann bietet der Hohe Dörnberg Segelfliegern eine Heimat, der Flughafen Calden Fallschirmspringern und gleich mehrere Kletterhallen und ein Hochseilgarten lassen die Herzen von Klettermaxen höher schlagen. Der Golfplatz am Rande des Bergparks Wilhelmshöhe zählt mit seinen 18 Löchern zu den schönsten Plätzen im Land und im noch keine zehn Jahre alte Auebad mit seinem 50-Meter-Wettkampfbecken üben die Kleinsten für das „Seepferdchen“ und die Größeren für anspruchsvolle Wettkämpfe. Auch Taucher und Wasserballer treffen sich hier gern am, im und unter Wasser.
Kassel – das sind also nicht nur die Brüder Grimm und die Documenta, nicht nur Herkules und Ahle Wurscht, sondern auch Huskies und Löwen, Handballer und Wassersportler und unzählige Freizeit-Aktive, die in fast 200 Breitensportvereinen diese Stadt auch in diesem Bereich liebens- und lebenswert machen.
Text: Thomas Lange
Fotos: Jan Malte Diekmann (JMD Fotografie)
Immer wieder freitags…
In einer E-Mail an seine Mitglieder schrieb der Vorstand der des Vereins der Gäste- und Museumsführer in Kassel und Region e.V.: “Nachdem nun auch die Wasserspiele bis auf Weiteres abgesagt wurden und tatsächlich nicht abzusehen ist, dass es in den nächsten Wochen Führungen geben wird, haben wir uns im Vorstand überlegt, wie wir diese Zeit dennoch sinnvoll nutzen können. So ist die Idee entstanden, dass wir ab sofort jeweils freitags eine Persönlichkeit, ein Objekt in einem Museum, eine Pflanze oder auch einen etwas unbekannteren Ort vorstellen.”
Gesagt, getan.
Den Auftakt machte ein Beitrag von Claudia Panetta-Möller, den die mittendrin dokumentierte.
Thomas Langes Text zu Kassel als Sportstadt ist bereits der elfte in der Reihe. Diesen veröffentlicht die mittendrin in Korrespondenz zu seinem Erscheinen. Text 2 und 3 folgen zu einem anderen Zeitpunkt.
Kontakt/Info:
Verein der Gäste- und Museumsführer in Kassel und Region e.V.
Claudia Panetta-Möller
Tel. 0561 / 60290204
Mobil: 0176 / 54466016
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