
Rotes Palais als Kulturstandort im Gespräch
Das Gebäude des ehemaligen Modehauses „SINN“ in der Kasseler Innenstadt mit dem angrenzenden historischen Portikus des ehemaligen Roten Palais am Friedrichsplatz könnte zu einem neuen Anziehungspunkt für Handel und Kultur werden.
Für dieses Vorhaben hat Oberbürgermeister Sven Schoeller den Melsunger Unternehmer Thomas Vockeroth als designierten neuen Eigentümer des Gebäudes und Andreas Hoffmann, Geschäftsführer der benachbarten documenta und Museum Fridericianum gGmbH, zusammengebracht.
Die Prüfung kultureller Nutzungen für das Rote Palais ist nicht nur der explizite Wunsch der Stadtverordneten, sondern auch immer wieder Thema im Rahmen der verschiedenen Beteiligungsformate bei der derzeitigen Erarbeitung des Innenstadtkonzeptes. Dazu gehört eine im Frühjahr 2024 durchgeführte Online-Umfrage, die insgesamt rund 3.200 Personen beantwortet haben. Hier wurde das Ziel von mehr Kunst- und Kulturangeboten in der Oberen Königsstraße genauso benannt, wie die Behebung der Leerstände.
Die Gespräche zwischen dem neuen Eigentümer des Gebäudes und der documenta gGmbH bieten nun die Chance, beide Ziele zu erreichen. Das zentral gelegene Gebäude kann neu belebt und zu einem Teil als zusätzliche Räumlichkeit für die documenta gGmbH genutzt werden, erklärte Oberbürgermeister Schoeller. „Ich freue mich, dass ein Unternehmer aus der Region das große Potential dieses markanten Standorts in unserer Stadt erkannt hat und künftig wirtschaftliche Interessen mit kultureller Vielfalt verbinden möchte“, so Schoeller. „Nachdem die Stadt das ruruHaus zu einem Innenstadt belebenden Begegnungs‐, Austausch‐ und Kulturort umbauen wird, soll jetzt ein weiterer wichtiger Impuls für die Kasseler Stadtentwicklung hinzukommen. Für das Rote Palais kommt eine Nutzung durch die documenta gGmbH im Rahmen der kommenden documenta 16 in Betracht. Insbesondere ergeben sich aber auch langfristige Nutzungsperspektiven z.B. für das documenta‐institut und das documenta‐archiv. Das wird mit allen zuständigen Gremien und Stakeholdern in Zukunft zu erörtern sein. Ich persönlich halte das Rote Palais mit einem Zugang durch das historische Säulenportal mit den Figuren von Thomas Schütte für den prädestinierten documenta‐Ort. In dieser Nutzung liegt das Potenzial für eine deutliche Attraktivitätssteigerung der Kasseler Innenstadt mit dem zentralen Friedrichsplatz mit erheblicher internationaler Anziehungskraft auch zwischen den documenta‐Ausstellungen.“
Nachdem das Gebäude viele Jahre einer Gesellschaft in Nordrhein‐Westfalen gehörte, wird der Melsunger Unternehmer Thomas Vockeroth neuer Eigentümer. Er will am Standort Rotes Palais nach erforderlichen technischen Instandsetzungsmaßnahmen erste Nutzungen im Einzelhandel ermöglichen und sieht zusätzlich einer Kooperation mit der Kulturinstitution documenta positiv entgegen: „Als Unternehmer bringe ich täglich kaufmännisches Handeln und Verständnis für Kreativarbeit zusammen, daher freue ich mich über die Möglichkeit, diesen besonderen Standort in Kassel für verschiedene Besucherinnen und Besucher und ein gemischtes Publikum neu zu erschließen.“
Andreas Hoffmann, Geschäftsführer der documenta und Museum Fridericianum gGmbH, hat nach der ersten Begutachtung des gesamten Gebäudes bereits verschiedene Nutzungsszenarien im Kopf, deren Realisierungsgrad nun Gegenstand der folgenden Machbarkeits‐ und Planungsgesprächen sein wird. „Manchmal liegen erforderliche Ressourcen näher als man denkt – mit Blick aus dem Fridericianum sogar im beeindruckenden Nachbargebäude: mit der tollen Einladung zur Kooperation sind mein Team und ich hochmotiviert, zusammen mit documenta 16-Kuratorin Naomi Beckwith den Standort in nächster Zeit weiter kennenzulernen und Möglichkeiten auszuloten.“

Vor dem Roten Palais am Friedrichsplatz (von links): Unternehmer Thomas Vockeroth, Oberbürgermeister Sven Schoeller und documenta‐Geschäftsführer Andreas Hoffmann. Stadt Kassel; Foto: Andreas Fischer
05.05.2025
Pressemeldung:
Stadt Kassel
Hintergrund Standort Rotes Palais
Das historische Rote Palais, fertiggestellt 1826, enthielt einst die wichtigsten Repräsentationsräume der kurfürstlichen Residenz und war mit dem einst danebenstehenden Weißen Palais verbunden. Nachdem in beiden Gebäuden dann um 1934 das Deutsche Tapetenmuseum untergebracht war, wurden dieses 1941 bei einem Bombenangriff schwer beschädigt.
Nach Kriegsende ging das Grundstück mit teils abgebrochenen Gebäuderesten an den Hertie‐Konzern über, der dort ab 1961 das Bilka‐Kaufhaus errichtete und die Nutzung für den Einzelhandel der folgenden Jahrzehnte ebnete. Als einzig verbliebener Rest des Roten Palais wurde an der Südseite des Kaufhauses der wieder sanierte Portikus angebaut. Auf diesem befindet sich heute eine Figurengruppe mit dem Titel „Die Fremden“, ein 1992 für die documenta IX von Thomas Schütte geschaffenes Kunstwerk.