Spartenübergreifendes Totaltheater
Ab dem 9. März erobert Wolfgang Rihms Hamletmaschine als spartenbergreifendes Totaltheater die Raumbühne ANTIPOLIS. Unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Francesco Angelico laden TANZ_KASSEL, das Schauspiel- und das Musiktheaterensemble zu einem Gesamtkunstwerk mit hunderten Mitwirkenden ein. Am Abend zuvor – am 8. März – bietet sich für das Kasseler Publikum die einmalige Gelegenheit, mit dem interaktiven Musiktheater-Videospielessay opera – a future game in ein ganz besonderes immersives Musiktheater-Erlebnis einzutauchen.
Rihms Hamletmaschine ist ein Meilenstein der jüngeren Operngeschichte mit großem Orchester, mehreren Schlagwerk-Gruppen, Tonbändern, Licht, Massenjubel und einer Vielzahl von schauspielenden, schreienden, singenden Bühnenfiguren. Der legendär-brutale Text von Heiner Müller bildet das Fundament für einen wilden Ritt durch die Ruinen von Europa zwischen William Shakespeare, Karl Marx und dem Sandmännchen.
Das Werk stößt Ikonen und Vorbilder vom Sockel und holt die Apokalypse in die Gegenwart: Der Geist von Hamlets Vater geht als Gespenst des Kommunismus. Marx, Lenin und Mao haben Auftritte als nackte Sopranistinnen. Und Hamlet und Ophelia verweigern sich der haltlosen Mechanik ihres Schicksals.
Gemeinsam inszenieren und choreografieren Regisseurin Florentine Klepper und Choreograf Valentin Alfery (Hungry Sharks) das erbarmungslose Panorama eines Heldenschicksals, indem sie die mechanische Körperlichkeit des Stoffs im Tanz in den Mittelpunkt rücken: die Welt als Maschine, jeder Mensch ein Zahnrad.
Premiere ist am Samstag, 9. März, 19:30 Uhr im Opernhaus
Weitere Vorstellungen folgen am 13., 16., 22. und 24. März. Erste Einblicke ermöglicht ein Sneak In – eine öffentliche Bühnen-Orchester-Probe – am Donnerstag, 29. Februar
Direkt vor der Premiere, am 8. März, ist in der Raumbühne ANTIPOLIS der interaktive Videospiel-Essay opera – a future game zu erleben, für den Regisseur Michael v. zur Mühlen mit dem FAUST 2023 ausgezeichnet wurde. Mit opera – a future game sei es gelungen, „das Musiktheater als modernstes Medium zu denken, als Summe der technologischen und medialen Möglichkeiten einer Zeit“, so die Jury-Begründung.
In dem post(operatischen)-apokalytischen Videospiel-Essay mit Musik von Eloain Lovis Hübner und Texten von Thomas Köck trifft ein Chor letzter Menschen nach einer Katastrophe auf einen Cyborg. Begleitet von einer inneren Stimme durchwandern die Zuschauer:innen bzw. Spieler:innen ein zerfallendes Opernhaus und eine Landschaft, die vom Verschwinden der Gegenwart erzählt. Die Arbeit integriert aufwändige Filmaufnahmen, avancierte 3D-Animationen, eine Originalkomposition und Audioaufnahmen mit großem Orchester wie auch experimentelle Soundkompositionen.
Bereits um 17 Uhr lädt das Musiktheater im Opernfoyer zu einem Podiumsgespräch unter dem Titel Oper zuckt noch ein. Das Musiktheater der zukünftigen Vergangenheit liegt irgendwo zwischen Heiner Müller und Videospiel: Was bleibt von den utopischen Idealen eines „totalen Theaters“, wie Wolfgang Rihm und seine Kolleg:innen sie einst postulierten? Der bekannte Kritiker, Autor, Podcaster und Youtuber Wolfgang M. Schmitt begibt sich zusammen mit Florentine Klepper (Regisseurin der Hamletmaschine) und FAUST-Preisträger Michael v. zur Mühlen (Regisseur „opera – a future game“) auf Spurensuche in die Untergangsfantasien und Potenziale des Musiktheaters von Virtual Reality bis zu den Ruinen von Europa. Moderiert wird das Gespräch von Musiktheater-Chefdramaturg Kornelius Paede.
Karten für opera – a future game und für die Vorstellungen der Hamletmaschine sind erhältlich an der Theaterkasse, Tel. (0561) 1094-222, und online unter www.staatstheater-kassel.de