Waldlust, Waldliebe, Waldbaden
Kolumne zum achtsamen Sein
Von Spaziergängen, die gesund und weise machen
Viele Ratgeberbücher laden zum Waldbaden, ein, einem Trend, der aus Japan kommt und sich dort Shinrin Yoku nennt. Zahlreiche Angebote locken die Menschen in den Wald, um das Waldbaden gemeinsam zu zelebrieren. Auch ohne diese Einladungen gehe ich schon immer gern in den Wald und freue mich jetzt darüber, dass die Menschen den Wald wieder entdecken. Eine große psychosomatische Klinik hat sogar eine Naturtherapie in ihren Leistungskatalog eingeführt und beschreibt, dass es bei diesem Angebot darum geht, über den Naturbezug und die Erfahrung in der Natur wieder in Kontakt mit der eigenen Natürlichkeit zu kommen. Ein noch recht junger Forschungszweig, die Waldmedizin, neudeutsch Forest Medicine, weist ganz besonders auf den medizinischen und physiologischen Nutzen des Waldbadens hin. Von positiven neuropsychologischen und physiologischen Effekten, hervorgerufen durch die Pflanzenstoffe, die von den Bäumen ausgeschüttet werden, vor allem von Terpenen, ist dabei die Rede. Terpene sind vielfältige, sekundäre Pflanzenstoffe, die in der Natur als Botenstoffe wirken. Von den pflanzlichen Duftstoff- und Kommunikationsmitteln der Bäume, sowie auch von Pilzen, Mikroben und Bakterien, die im Wald leben, geht eine äußerst wohltuende Wirkung auf den menschlichen Organismus aus. Sie können das Immunsystem stärken, Killerzellen anregen, Stresshormone reduzieren und den Blutdruck regulieren.
Erste Akademien im Wald
Dr. phil. Thomas Höffgen, ein Philosoph und Germanist, begrüßt diese positiven Auswirkungen ebenfalls. Gleichwohl ist ihm diese rein medizinische und mechanistische Beurteilung zu oberflächlich und zu reduktionistisch. In seinem Buch „Waldphilosophie – Warum der Wald nicht nur gesund, sondern auch weise macht“, beschreibt er ausführlich, dass der Wald schon immer ein Ort der Weisheit, Erkenntnis und Inspiration war. „Philosophen aller Zeiten und Kulturen zog es in die Haine, die ersten Akademien der Welt befanden sich im Wald.“ So schreibt er weiter: „Den Wald auf seine etherischen Substanzen zu reduzieren, heißt, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Der Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume, und vor allem ist er mehr als die Summe seiner biochemischen Botenstoffe.“ Mit einer solchen Botschaft kann ich mich gut verbinden, den Wald nur zur körperlichen Leistungsmaximierung zu nutzen, wäre auch mir viel zu einseitig. Da schließe ich mich lieber den Leidenschaften des großen Dichters Goethe an: „Ich ging im Walde so für mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn.“
Der Wald kann uns heilen
Ebenso steht die Aussage: „Müßiggang ist aller Laster Anfang“ einem zeitvergessenen und beseeltem Waldspaziergang, der uns vielleicht in ganz andere Sphären bringen kann, dem entgegen. In den Wald gehen ist für mich so etwas wie nach Hause kommen, vielleicht weil unsere Vorfahren im Wald gelebt haben und wir diese Verbindung nie ganz verloren haben. Ein philosophisches Waldbad, wie es Thomas Höffgen beschreibt, schließt die mystische Naturwahrnehmung, meditatives Einfühlen und einsichtiges Empfinden ein. Wirken dann auch noch die positiven Pflanzenstoffe auf uns, ist der Wald ein ganz besonderer Ort, der uns wieder auf verschiedenen Ebenen heilen kann.
„Bäume sind Heiligtümer.
Wer mit ihnen zu sprechen,
wer ihnen zuzuhören weiß,
der erfährt die Wahrheit.“
Hermann Hesse
Kolumne von Eva Metz
Die Liebe zur Natur, das Interesse an Ernährungsthemen und die Schulung der Achtsamkeit prägen Ihr Leben. Als studierte Oecotrophologin und MBSR-Achtsamkeitslehrerin ist es Ihr ein Anliegen, die Begeisterung und das Bewusstsein für eine vitale Lebensweise bei Ihren Klienten zu wecken.