Leichtigkeit im Umgang mit dem Tod
Ein Museumsleiter und Pfarrer im Dialog über das Sterben. Ein Rückblick zur Veranstaltung in der Caricatura Bar.
„Nach was sehnt sich der Mensch im Sterben?“ ist der sehr ernst klingende Titel der Veranstaltung, bei der im Publikum auffällig viele Menschen mit weißen Haaren sitzen. „Endlichkeit“, „Sterben“ und „Tod“ sind Begriffe, die immer wieder fallen. Trotzdem hat die Veranstaltung einen sehr positiven Charakter, denn die beiden Experten, die zum Thema der von Kerstin Leitschuh vom Citypastoral der Initiative der katholischen Kirche, moderierten Veranstaltung sprechen, appellieren immer wieder dafür, dem Tod den Schrecken zu nehmen. Sich im Leben mit dem Tod zu beschäftigen, hält vor allem Dr. Dirk Pörschmann, Leiter des Museums für Sepulkralkultur, für eine Bereicherung des Lebens. André Lemmer, Pfarrer an der Pfarrei Sankt Elisabeth stimmt zu: „So gelingt es wahrhaftig zu leben und das Beste aus allem zu machen.“
Erfahrungen mit dem Tod sammeln
Der Sterbeprozess und der Umgang damit kommen schnell zur Sprache. Wie Kinder die Situation erleben und ob sie zur Beerdigung mitkommen sollen und dürfen, sind Themen des Austauschs. Beide Experten sprechen sich klar für einen offenen und transparenten Prozess aus. Denn gerade Kinder verstünden oft nicht wieso Opa „einfach nicht mehr da“ ist und lassen sich dann in ihrer Trauer nicht auffangen, weil das Schweigen oder Drum-herum-reden ihnen die Auseinandersetzung mit dem Thema massiv erschwert. Besser sei es, die Kinder mitzunehmen, ihre Fragen zu beantworten und ihnen den Abschied zu ermöglichen.
Dirk Pörschmann erklärt, dass sich die Erfahrungen im Tod mit anderen auf den Umgang mit dem eigenen Tod auswirken. Die Erfahrung, dass verstorbene Menschen anders aussehen, sich anders anfühlen und sich das Verhältnis zu ihnen anders gestaltet, hält Pfarrer André Lemmer für eine ganz wertvolle Erfahrung. „So können wir als Mensch den Prozess mit allen Sinnen begreifen.“
Sich mit dem Tod beschäftigen
Immer wieder kommen auch kleine Anekdoten zur Sprache. André Lemmer erzählt, dass ihm die Tätigkeit als Seelsorger hilft, kleine Ärgernisse des Alltags anzunehmen und in eine positive Herausforderung umzuwandeln. Eine Geschichte über die Bestattung eines Kollegen nutzt er, um zu erklären, wie wichtig der Bestattungsprozess am Grab ist, um an den verstorbenen Menschen zu erinnern und sich aktiv von ihm zu verabschieden. Erheitert erzählt der Pfarrer, dass bei solchen Bestattungen oft 40 Kollegen zusammenkommen und als Experten in ihrer Rolle dann oft nicht ganz ernst bleiben können. Den in diesem Falle Verstorbenen beschreibt er als sehr humorvollen Menschen, der sich diese Eigenschaft bis zum Schluss bewahrte. Da bei der Beerdigung dann der elektronische Sargabsenker alle 30 Sekunden fürchterlich quietschte, beschreibt André Lemmer die Stimmung als lustig aufgeladen. Immer wieder hätten sich alle tierisch zusammenreißen müssen, um nicht zu lachen. Als der Sarg den Boden erreicht, springt das Navigationssystem im Handy einer Besucherin an, die so zum Friedhof gekommen ist: „Sie fahren in die falsche Richtung“. Da haben alle ganz dolle lachen müssen und sich gefreut, eben weil der Verstorbene sein Leben bis zum Ende mit viel Humor erfüllte. Auch das Publikum freut sich bei dieser wunderbaren Anekdote und lacht laut mit.
Die Bestattung danach
Gerade das Kaffee trinken nach der Beisetzung, den berühmten Leichenschmaus, finden beide Sprecher sehr wichtig. „Hier lässt sich die verstorbene Person noch einmal ganz neu kennenlernen“, erzählt der Pfarrer. Er ermutigt die Zuhörenden sich nicht vor diesem Ritual zu scheuen. „Es kann sein, dass genau Sie durch Ihre Geschichte mit und über diesen Menschen den Angehörigen ihre Trauer erleichtern.“ Auch Dirk Pörschmann stimmt dem zu. Das Grab ist für ihn immer ein Ort der Öffentlichkeit und der Gemeinschaft. Er erklärt, dass viele Rituale den Umgang mit Verstorbenen begleiten und wichtig für den Trauerprozess sind. André Lemmer ergänzt: „Viele Menschen wollen ihren Angehörigen nicht zur Last fallen. Sie wünschen sich dann eine Bestattung im Friedwald und ohne Grabstein.“ Seiner Erfahrung nach fehlt den Angehörigen dann aber oft ein Ort der Trauer und des Trosts. Daher spricht er sich explizit für eine große Bestattung aus, bei der sich alle verabschieden können, die wollen.
Eine humorvolle Stimmung
Immer wieder geht ein großer Lacher durchs Publikum, wenn sich die beiden Sprecher mit ihren Anekdoten die Kante geben. Der Pfarrer erzählt, dass er sich Gott als Bayern wünscht, der ihn mit den Worten „Na, kommst schon rein“ grüßt. Diese Lockerheit macht die Veranstaltung sehr angenehm und kurzweilig. Gleichzeitig regt sie zum Nachdenken an. Am Ende stellen einige der Zuhörenden interessierte und auch kritische Nachfragen, die beide Experten gerne beantworten. Die Bestattungsarten, sprechen viele erneut an; eine Dame äußert, dass sie die Vorstellung, selbst erdbestattet zu werden, nicht mag. Dirk Pörschmann erklärt, dass Verstorbene dabei oft nicht zersetzt werden, sondern in der Erde durch zu wenig Sauerstoff und die Abwesenheit von Würmern eher austrocknen und sich über die Jahre nicht verändern. Als eine Frage zum jüngsten Gericht gestellt wird, und ob diese Vorstellung noch aktuell ist, beantwortet André Lemmer sie aus seinem christlichen Glauben heraus und mit jeder Menge Humor. Für ihn geht es nach dem Tod weiter, da ist er sich sicher. „Wie es am Ende weitergeht, ist für uns alle die größte Überraschung unseres Lebens.“ Er ergänzt: „Man kann früh anfangen, sich mit dem Sterben zu beschäftigen, um den Tod am Ende wie einen Freund begrüßen zu können.“
Sprechen über das Sterben und den Tod. Dr. Dirk Pörschmann vom Museum für Sepulkralkultur, Kerstin Leitschuh vom Citypastoral und Pfarrer André Lemmer von der Pfarrei Sankt Elisabeth.
18.01.2023
Text: Paula Behrendts