„Positives aufnehmen und weiterverfolgen!“
Zum Jahresende verabschiedet sich das Stadtbüro aus dem Quartier. Simone Mäckler,
Fabian Lollert und Klaus Schaake blicken zurück – und nach vorn.
Zehn Jahre Städtebauförderung durch das Programm „Aktive Kernbereiche in Hessen“ neigen sich dem Ende. Was erinnern Sie – ganz spontan – als das für Sie prägendste Erlebnis?
SM: Das waren für mich die Sommerferien 2015 mit der Vollsperrung der Friedrich-Ebert-Straße und dem Freiwilligenprojekt „kumm midde“. Mit einem Golf-Caddy chauffierten Freiwillige bewegungseingeschränkte Menschen von den Haltestellen im Umkreis zu Arzt- oder anderen wichtigen Terminen. Durch den Umbau war es laut, die Sommerwochen waren heiß, trotzdem hatten alle Beteiligten gute Laune und trugen zum Gelingen dieser sehr außergewöhnlichen Maßnahme bei.
KS: Für mich war es eine Geschichte, die uns eine Mutter schenkte, deren vierjähriger Sohn sich total für das Bausstellengeschehen begeisterte. Der nervenden Großbaustelle ließ sich damit unter dem Titel „Hauptsache der Bagger arbeitet!“ ein spannender Perspektivwechsel entlocken. Ohne Bürgerbeteiligung – ein zentrales Element über den gesamten Förderzeitraum – wäre diese Geschichte nie zu uns gekommen.
FL: Die Tatkraft aller Aktiven bei „Wir sind uns Grün“, einer Aktion im Rahmen der hessischen Landesinitiative „Ab in die Mitte“, fand ich absolut beeindruckend. Dabei stellten Bürgerinnen und Bürger sowie Gewerbetreibende ihre neue Straße mit tollen selbstständig organisierten Veranstaltungen der Stadtöffentlichkeit vor.
Mit seiner Arbeit nimmt das Stadtbüro eine klassische Vermittlerposition zwischen Quartier und Verwaltung ein. Wie haben Sie das erlebt?
SM: Der riesige, nicht sichtbare Abstimmungsaufwand für Projekte dieser Größenordnung ließ sich durch die vergleichsweise unabhängige Instanz „Stadtbüro“ unserer Einschätzung nach deutlich besser bewältigen als bei Projekten ohne solche Mitarbeiter, die als dauerhaft Vermittelnde zwischen unterschiedlichen Interessen oder als Informierende ständig vor Ort sind.
Was sind für Sie die zentralen Voraussetzungen dafür, dass die Arbeit eines Quartiersmanagements, das im Fall des Förderprogramms für die Bereiche rund um die Friedrich-Ebert-Straße Kernbereichsmanagement heißt, funktioniert?
FL: Vor allem die Tatkraft der Akteure und ihre hohe Kooperations- und Kompromissbereitschaft war eine sehr gute Voraussetzung für eine produktive Stadtbüro-Arbeit. Bezogen auf die Vermittlerfunktion ist die zentrale Voraussetzung, dass sich eine gemeinsame Ebene zwischen den unterschiedlichen Akteuren aus der Bürgerschaft und den städtischen Institutionen herstellt. Gegenseitiges Verständnis und Fähigkeit, sich in sein Gegenüber zu versetzen, sind dafür sehr wichtig. Denn ohne alle Beteiligten zu sehen, mitzunehmen und sie aktiv einzubinden, so unsere Erfahrung, geht es nicht.
Gibt es Dinge, die mit dem Blick auf die letzten zehn Jahre aus Ihrer Perspektive für zukünftige Städtebauförderprojekte anders organisiert werden sollten?
SM: Manchmal hätten wir uns als Stadtbüro-Team weitergehende, eigene Entscheidungsspielräume gewünscht, um spontan auftretende Fragen noch schneller zu beantworten und Probleme direkt vor Ort zu lösen. Darüber hinaus hätten wir uns für das Stadtbüro ein kleines eigenes finanzielles Budget gewünscht, das unsere Handlungsspielräume, ins Quartier zu wirken, erweitert.
Wie geht es für Sie persönlich ab 2020 weiter?
FL: Ich bin weiterhin in Projekte der Städtebauförderung eingebunden, allerdings nach dem Ende des Aktiven Kernbereichs Friedrich-Ebert-Straße nur noch außerhalb von Hessen, wo mein Arbeitgeber, ein in Dortmund beheimatetes Planungsbüro, Projekte begleitet.
SM: Von und mit meiner Bürogemeinschaft in der Friedrich-Ebert-Straße werde ich auch 2020 und darüber hinaus die Quartiersentwicklung hautnah weiterverfolgen. Als Architektin und Sachverständige für Immobilien-Verkehrswertermittlung baue ich jetzt dieses Standbein wieder aus, bin aber auch für die Unterstützung eines weiteren Projektes im Bereich von Städtebauförderprogrammen in Kassel oder Umgebung offen.
KS: Die Bürogemeinschaft, in der ich meiner Freiberuflichkeit nachgehe, wird weiterhin Teil des Quartiers sein und ich werde ab 2020 das mittendrin-Onlineprojekt ehrenamtlich unterstützen. Für die freiwerdenden Zeiten nach Ende des Förderprogramms stehe ich für neue Projekte und Herausforderungen im Bereich der Unternehmens- und Projektkommunikation bereit.
Was wünschen Sie „Ihrem“ Quartier für die Zukunft?
FL: Ich wünsche dem Quartier ein weiterhin so aktives und leidenschaftliches Engagement seiner Bewohner und der verschiedenen Akteure. Dazu gehört natürlich der weiterhin gute und vertrauensvolle Kontakt zu den städtischen Mitarbeitern, der über den Förderzeitraum gewachsen ist und eine tragfähige Basis auch für die zukünftige Quartiersentwicklung darstellt.
KS: Ich wünsche dem Quartier, dass die vorhandenen und neu entstandenen Netzwerke und die vielfältigen Beziehungen, die zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Akteurinnen und Akteuren gewachsen sind, weiterhin für ein gutes und solidarisches Miteinander sorgen.
SM: Ich wünsche dem Quartier, dass die guten Strukturen, die der Verein Kassel West e.V., die Händlergemeinschaften, die Ortsbeiräte und die vielen Aktiven etabliert haben, weitergetragen werden. Sehr schön wäre es, wenn die Akteurinnen und Akteure des an vielen Orten spürbaren Generationenwechsels die in den vergangenen Jahren entstandene, positive Quartiersentwicklung aufnehmen und weiterverfolgen.
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