Sie, ihr Rennrad und ich
Wenn du einfach nicht mehr drankommst…
Es war einer dieser fantastischen Frühlingsabende nach einem wundervoll sonnigen Tag an dem der Mann seine münden Knochen mal wieder in Richtung öffentlicher Auftritt bewegen wollte. Der Backstuben-Biergarten war der bevorzugte Ort für die adäquate und zeitnahe Umsetzung dieses Begehrs. Schon ewig nicht mehr da gewesen, aber das frisch gezapfte Einbecker sendete seinen dezenten Lockruf aus.
Angekommen, es war der Biergartenauftakt in den Wonnemonat, wurde sogar Livemusik gereicht und mit den fremden Menschen, die das Schicksal der Bierzeltgarnitur vom Schreiberschorsche zugewiesen hatte, entwickelten sich nach dem ein oder anderen Humpen lebendige Gespräche über Gott und die Welt und darüber, dass die Grünen unser aller Untergang sind, wie es eine der neuen Bekannten zum Besten zu geben wusste, nachdem die ersten Hemmungen für die Betrachtung des Politikbetriebes gefallen waren.
Jenseits dieses Geplänkels das eigentlich Spannende jedoch war SIE – eine Frau in einem schönen Kleid, das sehr gut zu ihrer angenehmen Gesamterscheinung passte.
Sie fiel dem Schreibeschorsche ins Auge, weil sie sich glatt dazu hinreißen ließ, ihren Körper vor der Bühne rhythmisch in Bewegung zu bringen und dabei eine so große Freude ausstrahlte.
Und einmal ins Auge des geneigten Betrachters gefallen, ließ selbiger hin und wieder, Politgeplänkel an der Bierzeltgarnitur hin oder her, seien Blick über die Biergartengesellschaft schweifen, um nach dieser holden Maid Ausschau zu halten.
Und es begab sich, das SIE und er nahezu zur gleichen Zeit, es war mittlerweile schon dunkel, die Lokalität verließen und sich in Richtung ihrer angeschlossenen Drahtesel bewegten.
Im Dunklen nestelte die bekleidete Schönheit, die ein ein paar Meter Vorsprung hatte, an ihrem Schloss rum und der Schreiberschorsche dachte so bei sich, ob er ihr denn vielleicht mit seiner Handylampe leuchten sollte, entschied sich aber, zu seinem Stahlross zu gehen.
Hätte er das mal gemacht…
Während er seinen Drahtesel losband, radelte die Kleiderfrau entspannt an ihm vorbei und er dachte: „Prima, wenn ich sie eingeholt habe, kann ich sie im Vorbeifahren freundlich ansprechen.“
Nun begab es sich so, dass die Gute mit ihrem Rennrad gekommen war. Und das war nicht nur Schau, denn sie legte verdammt gut vor.
So gut, dass der Schreiberschorsche irgendwann, auch wenn er ein paar Humpen intus hatte, ernüchtert feststellen musste, dass die Schöne-Kleidfrau von ihm niemals einzuholen sein würde, egal wie er sich auch abstrampeln möge. Sie fuhr und fuhr und fuhr…
Und entschwand irgendwann, als sie die Kohlenstraße geschmeidig erklomm und der Schreiberschorsche immer weiter ins Hintertreffen geriet.
Da war einfach nix zu machen.
Dabei hätte er von Rad zu Rad, von Mann zu Frau, noch so gern mit ihr parliert…
8.5.2024
Text: Georg Schreiber
Lob und Widerspruch:
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