Der Juni im Kasseler Rathaus
Kasseler Kommunalpolitik: Anspruch und Wirklichkeit
Die Tagesordnung der letzten Stadtverordnetenversammlung war
vergleichsweise kurz und versprach ein schnelles Ende der Sitzung. Dass es anders kommen würde, zeichnete sich erst spät ab. Bei Fahrradabstellanlagen und Bildung bestand dann doch viel Redebedarf. Somit wurde es trotz kurzer Tagesordnung eine emotionale und teilweise sehr lautstarke Diskussion.
In der Fragestunde zu Beginn der Sitzung gab es viele gemischte Themen. Hierbei können Stadtverordnente der „Stadtregierung“ querbeet Fragen stellen. Spannende Erkenntnisse waren u.a., dass die Beleuchtung im Bergpark von der Stadt Kassel gezahlt wird, genauso wie die Beleuchtung des Fridericianum, der Neuen Galerie usw. Dies sei vertraglich festgelegt.
Zur Toilettenanlage im Nordstadtpark, sagte Stadtbaurat Nolda, er würde das gerne noch in seiner Amtszeit fertigbringen. Seine Amtszeit endet dieses Jahr im Herbst/Winter.
Und auf die Frage, ob es notwendig sei einen Sightseeing-Bus durch die Fahrradstraße Goethestraße fahren zu lassen, hat sich Nolda mehr an der Definition des Begriffs aufgehalten, statt das wirkliche Problem dahinter anzugehen – was bedeutet Anlieger frei und wer kontrolliert das? Kurzum, laut Stadtbauart Nolda ist das voll okay, dass ein Sightseeing-Bus durch eine „Anlieger frei“ –Fahrradstraße fährt – Fahrräder haben schließlich Bremsen.
Kommunale Altenhilfe
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Beim Tagesordnungspunkt „Kommunale Altenhilfe“ waren sich noch alle einig. Altenpflege ist wichtig und geht uns alle an. Auch wir signalisierten Zustimmung, auch wenn die großen Baustellen nicht thematisiert wurden: Die Familien als Hauptpflegende werden nicht genannt. Meist sind es die Frauen, die Pflegearbeiten leisten. Gleichzeitig sind immer mehr Frauen erwerbstätig und in ihrer „Freizeit“ müssen sie Sorgearbeit, wie u.a. die Pflege von Angehörigen erledigen. Hier fehlt eine Entlastung.
Gleichzeitig bricht das Geschäftsmodell der privatisierten Altersversorgung zusammen – Es lassen sich keine Millionengewinne mit privaten Altenpflegeheimen verdienen. Das zeigt die Insolvenz von Convivo in Kassel.
Balkonkraftwerke
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Bei Tagesordnungspunkt „Balkonkraftwerke“ der Jamaikakoalition endete die Einigkeit. Wir begrüßen grundsätzlich mehr Balkonkraftwerke zur Herstellung von Strom aus erneuerbaren Energien. Der Antrag sieht eine monetäre Förderung von Balkonkraftwerken von 150 € vor. Diese Förderung bekommen jedoch vor allem wieder diejenigen, die ohnehin genug Geld haben. Das ist kein Beitrag zur Energiewende oder für den Umweltschutz, sondern einfach nur ein Zuschuss für diejenigen, die es nicht brauchen. Genauso wie bei der E-Autoförderung, E-Lastenradförderung usw. Das ist für uns Politik für Besserverdienende und Hauseigentümer:innen. Diejenigen Hausbesitzer:innen mit Dach sollen sich Photovoltaik aufs Dach bauen.
Vielleicht wäre es sinnvoller erst die städtischen Gebäude mit Photovoltaik zu bestücken, bevor mit der Gießkanne die nächste unüberlegte Förderung beschlossen wird. Zumindest soll für Transferleistungsbezieher:innen geprüft werden, ob eine höhere Förderung möglich ist. Wie das genau aussieht, ist jedoch unbekannt.
Eine Förderung muss es aus unserer Sicht v.a. dort gegeben werden, wo es nötig ist. Wir haben daher einen Änderungsantrag gestellt. Unser Änderungsantrag fand Zustimmung bei der SPD und natürlich von uns, das ist zu wenig.
Daher lehnten wir den Antrag ab, ganz nach dem Motto „Keine Geschenke für Reiche!“.
Evaluation der neuen Fahrradabstellanlagen
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Die SPD hat das Thema Fahrradabstellanlage auf die Tagesordnung gehoben, damit sich alle nochmal positionieren können. Gefordert wurde das Verfahren transparenter zu machen. Die Gemüter erhitzten sich als Frau Koch (Grüne) berichtete, dass die weibliche Ortsvorsteherin verbal auf facebook angegriffen wurde, auch weil sie eine Frau ist – diese Aussage verleitete SPD Mitglieder in der letzten Reihe zu wildem Gejohle und Aussagen wie „was habe sie den geraucht“. Ja, Verkehrswende erhitzt die Gemüter, aber es ist kein Grund sexistisch zu werden, Klimaschutz gegen Einzelhandel zu stellen oder gar Menschen zu beschimpfen. Zwar wurde sich für das oben genannte Zitat auf Anforderung der Stadtverordnetenvorsteherin entschuldigt, trotzdem blieb der Vorfall Thema in der Fahrradbügeldebatte.
Wir haben dem Antrag zugestimmt, da diese Maßnahme ohne hin evaluiert worden wäre, ob mit oder ohne diesen Antrag.
Armuts- und Reichtumsbericht
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Schnell ging es bei dem Punkt „Armuts- und Reichtumsbericht erstellen“ unser Antrag, wirklich gut eingebracht durch unsere Stadtverordnete Jenny.
Außer uns findet es keiner nötig und sinnvoll einen Armuts- und Reichtums Bericht von einer unabhängigen Stelle erstellen zu lassen. Es gäben bereits den Pakt gegen Armut und SPD wie auch Grünen reicht das.
Trotz 18% Armutsquote in Kassel sind die andern Parteien nicht bereit Maßnahmen über dem Pakt gegen Armut hinaus zu ergreifen. Daher haben nur wir unserem Antrag zugestimmt.
Gründung einer SEK-I-Schule im Kasseler Osten
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Die Gründung einer SEK-I-Schule im Kasseler Osten SPD war der letzte Punkt auf der Tagesordnung mit Diskussion, auch hier kochten die Gemüter über. Verständlich, wenn die SPD in Regierungsverantwortung im Jahre 2016 die Schließung der einzigen weiterführenden Schule in Bettenhausen mitträgt und jetzt in der Opposition die Gründung einer neuen Schule fordert.
Da kommen schnell die Vorwürfe, dass es sich um Wahlkampfgebaren handele. Dies weist die SPD natürlich weit von sich. Bleibt die Frage, warum dieser Antrag nicht schon letztes Jahr kam, als die SPD noch Teil der Regierung war und das Projekt hatte anstoßen können. Steigende Schüler:innenzahlen sind nämlich nichts Neues aus dem Jahre 2023.
Unser Stadtverordneter Lutz betont, das gerade sozial- und infrastrukturell benachteiligte Stadtteile eine wohnortnahe Schulversorgung mit Anbindung an soziale Träger brauchen.
Die CDU sagt, das wird alles schon werden und die Grünen sind der Meinung, dass es keine neue Schule im Kasseler Osten brauche, zumindest nicht mit den derzeitigen Planungszahlen.
Eine weitere hitzige Debatte endete damit, dass der Antrag in den Schulausschuss überwiesen wird. Auf Antrag der SPD, auch wir geben unsere Zustimmung zu der Überweisung.
Die Reden aus der Stadtverordnetenversammlung finden sich hier:
27.06.2023
Hier bloggen die Stadtverordneten der Kasseler Linksfraktion, Politik gehört raus aus dem Rathaus und rein in die Stadt.