Im Baumarkt. Teil 2/3
Eine Glosse von Sabine Kohn
Sprechen ist wie denken … nur krasser
In Kassel gibt’s einige Baumärkte, innerhalb der Stadt und auch im Industriegebiet in Waldau. Toll. Da fährst du hin und nette Menschen, die da arbeiten, helfen dir. Natürlich nur, wenn sie Zeit haben. Und wenn die Kommunikation klappt …
Ich handwerkele ausgesprochen gerne, hab ich ja schon erwähnt. Bin auch recht geschickt, nur leider fehlen mir oft die Worte. Also nicht die normalen, sondern die, die es im Baumarkt braucht. Den Fachbegriff, den weiß ich nicht. Geht Ihnen das auch so? Wie heißt denn das genau, was ich suche? Dazu brauche ich dann einen Menschen, der mir den passenden Begriff schenkt, und mich berät. Also jetzt nur mal so als Beispiel: Wenn man das Wort Unterlegscheibe nicht kennt, dann müsste man das, was man sucht, beschreiben: Entschuldigung, ich suche so eine Art Ring, der hat in der Mitte ein Loch, durch den kommt dann eine Schraube…. so in dem Stil. Der Experte oder die Expertin sagt dann, okay, Sie suchen Unterlegscheiben, und dann hast du den Begriff, kannst ihn in deinem Oberstübchen abspeichern. Das war jetzt einfach, Unterlegscheiben kennt ja jedes Kind, schwieriger wird es jetzt: Entschuldigen Sie bitte, ich suche so ein Ding, eine Art kleines Kissen, also, da ist eine kleine Luftpumpe dran und wenn man das zum Beispiel unter einen Schrank legt und dann von außen aufpumpt, hebt sich der Schrank. Winbag Montagekissen – gibt’s da drüben, ist die Antwort. Das meine ich. Ist mir immer bisschen peinlich. Manchmal ist es aber auch umgedreht. Du kennst das Produkt, könntest ausnahmsweise mal glänzen, musst nur wissen, wo die das hier im Markt versteckt haben. Und bist zu Zeiten der Maskenpflicht unterwegs. Das ist mir im letzten Jahr passiert. Bin gleich in die Sanitärabteilung, das Eckstein-Spiel dauerte nur zwei Minuten, ging ganz gut. Treffe einen jüngeren Angestellten, Entschuldigung, wo finde ich denn Hahnfett? Beim Friseur, sagt er. Hier ist der Baumarkt. Ich fühle mich ganz kurz als Frau downgegraded, aber nur kurz. Ach ja, die Maske, sorry, hab ich ganz vergessen, der kann mich gar nicht verstehen. Nochmal. Ich lenke meinen Atemstrom eine Etage tiefer, damit der über das Kinn und den Hals nach unten aus der Maske herausströmen kann. Jetzt nur noch die Unterlippe ein Stück nach hinten ziehen, prononciert und langsam sprechen, Augenkontakt herstellen, bestmögliche Mimik mit den Augenbrauen, dann zur Unterstützung noch verstärkt Hände und Arme einsetzen. Ah, jetzt hat er’s. Unschuldige Kinderaugen, Achselzucken. Er sei nur der Azubi, sagt er, Genaueres müsse ich bitte bei seiner Kollegin erfragen. Die wisse Bescheid. Tut sie. Sie überreicht mir die letzte Tube, murmelt was von nachbestellen und ich mache mich auf den Weg zur Kasse. Keine Warteschlange, weil’s noch früh ist, prima. Hat dieses Mal nur zwanzig Minuten gedauert. Solche Tage gibt es auch, das muss ich fairerweise anmerken. Und natürlich gibt es total nette Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Baumärkten Kassels. Vertieft in ein kompetentes Verkaufsgespräch sehe oder höre ich sie ab und zu im Vorbeigehen, wenn ich wieder was suche. Die können nichts dafür, dass wir uns nie begegnen. Aber ich anscheinend, vielleicht liegt’s an mir, schlechtes Karma? Möglich. Negativität kann tief wurzeln und haftet dem feinstofflichen Körper dann gnadenlos an .
… to be continued …
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