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Çiğdem Özdemir
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Çiğdem Özdemir2025-11-13 10:12:182025-11-13 10:12:18Examen 25 – a script, a sketch, a showSanierte Zehntscheune in Waldau wird eingeweiht
Die Arbeiten an der denkmalgeschützten Zehnscheune in Kassel‐Waldau stehen kurz vor dem Abschluss. Am kommenden Samstag wird sie vor Beginn der Waldauer Enten-Kirmes offiziell eingeweiht.
„Mit der Sanierung der historischen Bausubstanz und dem Ausbau wird die Zehntscheune für die Menschen im Stadtteil als multifunktionaler Veranstaltungsort deutlich aufgewertet. Die Attraktivität des denkmalgeschützten Gebäudes, das nun auch gänzlich barrierefrei nutzbare Räumlichkeiten für kulturelle Veranstaltungen, Begegnung und Austausch sowie für größere Feste und Feiern bietet, wird erhöht,“ so Oberbürgermeister Sven Schoeller.

Ansicht der Zehntscheune aus dem Jahr 2015 vor der umfassenden Sanierung. Foto: ©Michael Schwab/Stadt Kassel
Die seit dem Jahr 2012 durchgeführten Maßnahmen beinhalteten Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten an der historischen Bausubstanz sowie den Innenausbau. Die Zehntscheune kann so mit deutlich verbesserter Ausstattung wieder für Veranstaltungen genutzt werden.
Vor Sanierungsbeginn wurden am Holztragwerk vorhandene Schäden aufgenommen und eine Verformungsmessung durchgeführt. Auf dieser Grundlage wurde in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz die Planung erarbeitet. Diese sah im Wesentlichen die Reparatur der schadhaften Holzbauteile der Dach‐ und Fachwerkkonstruktion sowie die Verbesserung der Queraussteifung mittels zugfester Kopfbänder vor. Diese Sanierung zum langfristigen Erhalt der historischen Bausubstanz wurde bereits 2023 abgeschlossen.
Die Scheune verfügte bisher über nur zwei nicht barrierefreie Toilettenkabinen. Für Veranstaltungen wurde in der Vergangenheit ergänzend ein Toilettenwagen angemietet. Beim Innenausbau wurde die Toilettenanlage nicht nur erneuert, sondern auch barrierefrei erweitert. Außerdem wurde ein Küchen- und Thekenblock eingebaut sowie ein Multifunktionsraum eingerichtet, der u. a. als Lager- und Künstlergarderobenraum dienen soll.
Historie und Nutzung
Die Zehntscheune ist eines der ältesten Gebäude Kassels und befindet sich in der Nürnberger Straße 140, im Westen des Fördergebietes Forstfeld-Waldau zum Förderprogramm „Sozialer Zusammenhalt“. Sie wurde 1464 gebaut und 1484 erstmals als Zehnscheune urkundlich erwähnt. Das Gebäude war ein stattlicher langgestreckter Fachwerkbau im Typ eines Vierständerbaus. Das heutige Erscheinungsbild mit ausgemauerten Gefachen und hohem Satteldach entstand Ende des 15. Jahrhunderts. Um ca. 1600 wurde das Gebäude als Jagdzeughaus umgenutzt. Vom ursprünglichen Gebäude, das heute ca. 15m breit und 39m lang ist – ist nach einem Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg – nur noch etwa die Hälfte vorhanden.
Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude befindet sich seit dem Jahr 2012 im Eigentum der Stadt Kassel und wird durch den gemeinnützigen Förderverein Zehntscheune Waldau e.V. getragen. Der Verein hat 56 Fördermitglieder, die sich seit 2010 ehrenamtlich für den Erhalt und die Pflege der Scheune in vorbildlicher Weise engagieren.
Die Zehntscheune ist im Stadtteil Waldau die einzige kulturelle Einrichtung, in der Vereine, Verbände und auch Privatpersonen größere Veranstaltungen mit bis zu 199 Personen (bzw. einmal jährlich die Enten-Kirmes mit mehr als 200 Personen) umsetzen können. Es finden dort, durch den Förderverein Zehntscheune Waldau e.V. organisiert, die Neujahrsbegrüßung sowie der Osterbrunch statt. Die ARGE Waldauer Vereine und Verbände veranstaltet jährlich das Weihnachtsbaumfest sowie der Förderverein Waldauer Enten-Kirmes e.V. die Enten-Kirmes. Daneben wird die Zehntscheune für private Veranstaltungen wie zum Beispiel Hochzeiten vermietet.
Die Kosten zur Umsetzung der Maßnahmen an der Zehnscheune betragen insgesamt rund 2,2 Mio. Euro. Davon entfallen ca. 1,1 Mio. auf die reinen Sanierungs– und Substanzerhaltungsarbeiten der Scheune, sowie ca. 1,1 Mio. Euro auf den Innenausbau. Das Städtebauförderprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ (ehemals „Soziale Stadt“) des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, zusammen mit dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlicher Raum steuert eine Förderung in Höhe von ca. 795.500 Euro zur Finanzierung bei. Zudem sind seitens der Denkmalpflege Hessen Fördermittel in Höhe von 135.000 Euro in die Sanierung des Bauwerks geflossen. Der Verein Zehntscheune Waldau e.V. konnte außerdem die Kasseler Sparkasse als Sponsor gewinnen.

Innenansicht der Zehntscheune Waldau während der laufenden Sanierung und des Innenausbaus im März 2023. Foto: ©Michael Schwab/Stadt Kassel
Hintergrund:
Auszug aus der Denkmaltopographie Stadt Kassel IV
Lang gestrecktes Fachwerkgebäude im Typ eines Vierständerbaus, heute ca. 15 m breit und 39 m lang. Ursprünglich Zehntscheune, eine solche wird im Zusammenhang mit der Kemenate erstmals 1484 erwähnt. Um 1600 Umnutzung als landgräfliches Jagdzeughaus, seitdem Nutzung für jagdliche oder militärische Zwecke. Um 1912 gab der Domänenfiskus das Gebäude in private Hand. 1914 plante der damalige Besitzer den Abbruch, führte diese Maßnahme aber nicht aus. Denkmalschutz seit 1937 (grundbuchamtlich eingetragen 1940).
Die westliche Hälfte wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und, soweit noch vorhanden, als gravierendste aller baulichen Eingriffe im Jahre 1965 (nach Garber/Ruß) abgebrochen, was eine Reduzierung der Länge von sieben auf drei Joche bedeutete. Der vom Verfall gefährdete, vom Eigentümer vernachlässigte Rest nach 1975 erfolgter Anordnung einer Ersatzvornahme und erst nach Besitzerwechsel 1976/77 saniert. Danach Nutzung als Tapeten- bzw. Getränkemarkt. Seit 2012 in städtischem Besitz, seitdem pachtweise Übernahme durch einen Förderverein als Veranstaltungsraum. In jüngster Zeit und der näheren Zukunft sukzessiv erneute Sanierungsarbeiten wegen gravierender Schäden, die die fehlerhafte Renovierung (“BETA-System“) in den 1970er-Jahren nach sich zogen.
Fachwerk-Ständerbau unter mächtigem, biberschwanzgedecktem Krüppelwalmdach. Zwei Dachgeschosse mit asymmetrisch sitzenden Schleppgauben. Bruchsteinsockel. Gefache mit nur leicht überputzter Bruchsteinausmauerung. Toreinfahrten an beiden Schmalseiten, auf der Ostseite in Rundbogenform wiederhergestellt. Westlicher Giebelabschluss nach Zerstörung bzw. Teilabbruch massiv ausgeführt, hier Schieferbehang. Fensteröffnungen und Gauben mit Klappläden verschlossen. Innen diverse Umbauten.








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