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Çiğdem Özdemir
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Çiğdem Özdemir2025-11-13 10:12:182025-11-13 10:12:18Examen 25 – a script, a sketch, a showVom Kasseler Stadtwappen lernen
Fußläufig unterwegs – Streifzüge durch kulturelle Welten
Deutungen im Zeitenwandel.
Das Kasseler Rathaus ist mit seinem prunkvollen Hauptportal, den gut erreichbaren Seiteneingängen und einem behindertengerechten Fahrstuhleingang leicht zugänglich und steht einladend offen. Wer den Weg über die vielen Treppenstufen bis zum Hauptportal wählt, dem wird durch Bewegungsmelder schon weit vor der Türschwelle das schwere Eingangstor geöffnet. Dergestalt willkommen geheißen, bleibt Zeit für einen Blick nach oben zum Stadtwappen über dem Eingangstor. In Gold gerahmt und von Girlanden aus Buntsandstein prunkvoll umrankt, setzt es ein fest verankertes Zeichen der Beständigkeit.
Historisches
Das Kasseler Stadtwappen präsentiert sich seit der Einweihung des Rathauses am 9. Juni 1909 als oval geformter, gewölbter Schild. Von links oben nach rechts unten trennt ein diagonal gesetzter silberglänzender Schrägbalken das strahlende Blau in zwei Flächen. Der linke untere Teil ist mit sieben, der rechte obere mit sechs silberglänzenden dreiblättrigen Kleeblättern verziert. Jedes Kleeblatt gleicht dem anderen und hat einen kräftigen Stängel, der Halt und Stabilität vermittelt. Alle dreizehn Kleeblätter sind identisch nach rechts oben ausgerichtet, als wären sie der Sonne zugewandt, und verleihen dem Gesamteindruck etwas dynamisch Aufstrebendes.
In dieser Gestalt existiert das Stadtwappen unverändert seit dem 15. Jahrhundert. Baustile und Standorte der Kasseler Rathäuser wechselten – das Stadtwappen blieb bestehen. Dabei ist seine Entstehung und Bedeutung bis heute ungeklärt. Vielleicht trägt diese Ungeklärtheit zur Standhaftigkeit gegenüber jeglichen Veränderungen bei, als würde sich der Wert des Ursprünglichen mit dem Wert des Unverkennbaren verbinden. Von allen umstrittenen Ausdeutungen, die bisher vorgelegt wurden, ist die von Historikern vorgetragene Überlegung am überzeugendsten, wonach die Herstellungsweise eines Ritterschildes die Grundlage für das Stadtwappen dargestellt habe.
Gegenwärtiges
War vielleicht der Schrägbalken ursprünglich nichts weiter als ein eisernes Band, das zur Verstärkung des Holzschildes und zur Befestigung einer blauen Stoffbespannung diente? Brauchte es vielleicht dreizehn Nägel mit einer schmückenden Ausformung der breiten Nagelköpfe, um der Bespannung den optimalen Halt zu geben? Kleeblätter waren im Spätmittelalter als Zeichen göttlicher Verbundenheit und irdischen Segens beliebt.
So gesehen umgibt das Stadtwappen nicht nur eine Aura der Beständigkeit. Solidität des Handwerklichen und Sinn fürs Ästhetische kämen noch hinzu – eine Sichtweise, die dem Selbstverständnis einer Kulturregiopole wie Kassel durchaus entgegenkommt.
Bleiben wir interessiert an dem, was Archive, Archäologie und Zufallsfunde zum Thema Stadtwappen noch hervorbringen werden. Aktuell sollten wir die Kleeblätter in ihrer neuzeitlichen Bedeutung auf den Schild der Erkenntnis heben und in Zeiten des Klimawandels beständig nach naturnahen Problemlösungen suchen – wissend, dass jedes noch so kleine Kleeblatt zählt. Jedes!

03.11.2025
Diesen Artikel auch zu lesen in der StadtZeit-Ausgabe 125, Herbst 2025, S. 31
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