Zehn Fragen an Sven Schoeller als OB-Kandidat
Kassels Bürgerinnen und Bürger wählen am 12. März 2023 ihr neues Stadtoberhaupt. Mit sechs Kandidatinnen und Kandidaten ist das Spektrum der Wahlangebote ein Großes und es verspricht ein spannendes „Rennen“ zu werden, das sich voraussichtlich erst in der Stichwahl am 26. März entscheiden dürfte.
Was war im bisherigen Wahlkampf ihr heiterster oder auch skurrilster Moment?
Als ich eine Kneipe betrat und die Leute mich mit den Worten „Jägermeister-Schoeller-Weiter“ begrüßten.
Was war die bislang für Sie bewegendste Begegnung mit den Menschen unserer Stadt?
Die „ungehaltene Rede“ von Zoe Cross am 10.12.2022 im Kasseler Rathaus. Abrufbar unter: https://ungehalten.net/die-eingeladenen-reden-2022/
Stellen Sie sich vor: Sie haben am 12. März 2023 die OB-Wahl mit absoluter Mehrheit für sich entschieden und es gibt eine rauschende Wahlparty. Bei welchem Song schweben Sie tanzenderweise ein paar Zentimeter über dem Boden oder rocken Luftgitarre spielend die Tanzfläche?
„The Kids Aren’t Alright“ (The Offspring).
Als Oberbürgermeister/in liegt ein harter Job vor Ihnen. Wie und wo tanken Sie Energie, um den vor unserer Stadt liegenden Herausforderungen zu begegnen?
Beim Joggen, Radfahren, Tennis.
Zu welchen historischen oder zeitgenössischen Vorbildern blicken Sie dabei auf? Warum gerade diese Personen?
Vorbild ist für mich die Romanfigur Atticus Finch in „Wer die Nachtigall stört.“ Er verkörpert für mich Besonnenheit, Integrität und Menschlichkeit.
Welche Bücher oder andere Werke und Begegnungen haben Sie entscheidend beeinflusst, um die Person zu werden, die Sie heute sind?
Ich denke nicht, dass meine Persönlichkeit maßgeblich durch ganz bestimmte Bücher oder andere Werke geprägt wurde. Prägend war für mich der frühe Verlust meines Vaters und meines Bruders und die Beziehung zu meiner Familie.
Was wird Ihre erste entscheidende Amtshandlung als OB sein?
Ich werde den Unsinn beenden, dass das Straßenverkehrsamt von einem Dezernenten für Verkehrsordnung und einem anderen für Verkehrsplanung geführt wird.
Einer, der sich seinerzeit selbst als leitender Angestellter der Bundesrepublik Deutschland beschrieb, soll Menschen mit Visionen empfohlen haben, zum Arzt zu gehen. Was empfehlen Sie?
Erstens hat er das zurückgenommen und zweitens sollte man immer eine klare Vorstellung davon haben, wo man hin will, sonst irrt man nur herum.
Wie beschreiben Sie Ihre Vision für unsere Stadt?
Eine lebenswerte, innovative Stadt, die für die Zukunft gut aufgestellt ist. In der die Menschen gern leben, gut wohnen, frische Luft atmen und attraktive Arbeit haben. Eine Stadt mit zeitgemäßer Mobilität, in der die Perspektive des umweltfreundlichen Verkehrs gestärkt wird. Eine gerechte und solidarische Stadt, in der sich die Menschen, gleich welcher Herkunft oder welchen Geschlechts durch die Stadt miteinander verbunden fühlen. Eine kulturell vielfältige, eine weltoffene, eine europäische, eine internationale Stadt.
Über eine Vision für Kassel hinaus gilt es, als OB ganz praktische Kommunalpolitik zu machen. Machen wir keine kleine Zeitreise: Wir schreiben das Jahr 2029. Ihre erste Amtszeit neigt sich dem Ende.
Welches Resümee zu Ihrer Arbeit als Oberbürgermeister/in möchten Sie in der Zeitung lesen?
Kassel. Die erste Amtszeit von Dr. Sven Schoeller als Kasseler Oberbürgermeister neigt sich dem Ende zu. Zeit für eine Bilanz: Schoeller war 2023 als erster grüner OB in Kassel ins Amt gestartet. Damals zwar bereits Stadtverordneter, aber doch ein Newcomer in der Stadtpolitik hat Schoeller für einen neuen Politikstil im Rathaus gesorgt. Seine Führung wird bei Mitarbeiter:innen im Rathaus gemeinhin als kollegial und lösungsorientiert geschätzt. Wenn es darum ginge, wichtige Vorhaben durchzusetzen, könne er allerdings auch sehr beharrlich sein. „Der gibt nicht schnell auf und sagt, dass sein demokratisch legitimierter Auftrag sei, den politischen Willen in die Verwaltung zu tragen“, wird aus Rathauskreisen berichtet. Im Stadtgebiet sichtbar wurde ein deutlicher Ausbau von Radwegen. Die zuvor lange Zeit aufgeschobenen Schulsanierungen wurden unter Schoeller mit einem klaren und für alle transparenten Maßnahmenplan angegangen; allerdings bleibt hier noch viel zu tun. Mit dem begonnenen Bau eines documenta-Zentrums und einer Multifunktionshalle wurden zwei Großprojekte auf den Weg gebracht. In der Energieversorgung hat Kassel mit dem Bau eines saisonalen Wärmespeichers eine Pionierrolle für deutsche Großstädte übernommen und ist mit dem Ausbau der Fernwärme auf dem Weg, sich weitgehend unabhängig von externen Energiequellen zu machen. Bei den hoch gesteckten Zielen im Wohnungsbau, bis 2033 seit dem Amtsantritt 8000 neue Wohnungen zu bauen, wird Schoeller in einer zweiten Amtszeit – um die er sich derzeit bewirbt – noch Tempo zulegen müssen. Die documenta 16 fand in Kassel statt und verlief skandalfrei. Insgesamt ist die Stadt auch durch die Umsetzung der sehr schnell nach Amtsantritt verabschiedete Grünsatzung durch Dach- und Fassadenbegrünungen merklich grüner geworden. Ob auch der OB grün bleibt, wird die kommende Wahl zeigen.
24.02.2023
Dr. Sven Schoeller (GRÜNE)
Dr. Sven Schoeller wurde 1973 in Göttingen geboren und arbeitet als Rechtsan-walt für Strafrecht. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Kirchdit-mold und ist seit 2010 Mitglied der Kasseler Grünen. Bei der Kommunalwahl 2021 errang er ein Mandat als Stadtverordneter und ist seitdem verkehrs- und rechtspolitischer Sprecher der grünen Fraktion.