Komm.A: Empowerment für mehrheitlich weiße Menschen
Offenbar erleben kommunale Spitzen, beispielsweise Bürgermeister*innen, Leiter*innen städtischer Ämter und Magistratsmitglieder, immer häufiger Anfeindungen und Beleidigungen. Um diesen elitären und überwiegend weißen Personenkreis einen Schutz vor Hass und Hetze zu bieten, wurde das Projekt “Kommunale Allianzen“ (Komm.A) initiiert. Dem Führungspersonal der Kommunen wird mit Komm.A die Teilnahme an verschiedenen Coachings ermöglicht, um dadurch eine Resilienz gegen Beleidigungen zu entwickeln. Entscheidungsträger*innen sollen durch Komm.A ermutigt werden, selbst wenn sie mit ihrer demokratischen Politik manche Leute gegen sich aufbringen, weiter an unseren demokratischen Werten festzuhalten.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Art 1GG gilt für Staatsdiener*innen ebenso wie für alle Menschen, auch sie müssen bestmöglich vor herabwürdigenden Beleidigungen geschützt werden. Das Projekt Komm.A wird jedoch vom Bundesresort “Antirassismus“ finanziert und dieser Umstand zeichnet ein völlig abstruses Bild.
Zweckentfremdung von Fördermitteln
Die Integrations- und Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung hat die Aufgabe Projekte zur Verwirklichung der Grund- und Menschenrechte für negativ von Rassismus Betroffene zu entwickeln und zu finanzieren. Die Förderung eines Projektes zu Gunsten mehrheitlich weißer, privilegierter und gut bezahlter Personen aus dem Bundesbudget “Antirassismus“ stellt letztendlich eine Zweckentfremdung finanzieller Mittel dar. Menschenverachtende Bewegungen sind hierzulande auf dem Vormarsch, Organisationen die sich für die Gleichstellung marginalisierter Menschen einsetzen benötigen diese Gelder dringend für ihre Projekte.
In der Realität wird antirassistische Politik in den Kommunen meist nur von Initiativen und Menschenrechtsaktivist*innen betrieben. Oftmals sind diese Personen selbst negativ von Rassismus betroffen und die durch Komm.A geförderten Entscheidungsträger*innen stehen ihrem wertvollen zivilgesellschaftlichen Engagement nicht selten im Wege. Kommunale Führungskräfte blockieren häufig notwendige gesellschaftliche Veränderungen und antirassistische Arbeit wird zum belächelten Ehrenamt der negativ von Rassismus Betroffenen degradiert. Obwohl die Beseitigung von Rassismus zu den fundamentalen Aufgaben unseres demokratischen Staates gehört, werden Antirassismus-Aktivist*innen mit dieser Aufgabe alleine gelassen, kaum gefördert und erhalten keinerlei Schutz vor Anfeindungen und Beleidigungen.
Es gibt keine nichtrassistische Politik, aber durchaus eine antirassistische Politik
Rassismus lässt sich in kein politisches Lager verorten, er lebt im gesamten politischen Spektrum von links bis rechts und alle Gesellschaftsschichten sind von ihm durchdrungen. Politiker*innen sind zwar per Grundgesetzt zu einer antirassistischen Politik verpflichtet, die eigenen Rassismen sowie die Angst vor dem Gram der Wählerschaft verhindern diese jedoch. Die überwiegend weißen kommunalen Spitzen bewegen sich beim Thema Rassismus daher bevorzugt in der von weißen Menschen erfundenen Komfortzone des Nichtrassistisch seins. Nichtrassistische Politik hat jedoch nicht zum Ziel Rassismus abzubauen, im besten Fall toleriert sie ihn und ist somit rassistisch. Antirassistische Politik bekämpft Rassismus und ist darauf ausgerichtet diesen zu beseitigen. Kommunale Spitzen zu unterstützen ihren Verpflichtungen nachzukommen ist richtig, ein Projekt zur Realisierung antirassistischer Kommunalpolitik kann allerdings nur ein Projekt zur politischen Bildung sein.
04.12.2023
Beitrag des mittendrin Autors Thomas Hunstock
Herr Hunstock schreibt als Gastautor u.a. für die Berliner Zeitung und die taz.