Tierisch ernste Zeiten!
Kolumne von Markus Exner
Ich weiß noch, meine erste Kolumne für die Mittendrin zur Winterausgabe 2014 hatte den Titel „Ich mach mich zum Affen!“ und beschrieb das gesellige Treiben am Rudolphsplatz, Ecke Goethe-/Germaniastraße, dem sogenannten „Affenfelsen“. In Zeiten von Corona scheinen nun Horden von Hamstern ihr Unwesen zu treiben, denn alle stöhnen über Hamsterkäufe, welche aber keineswegs in Zoohandlungen getätigt werden. Schilder „Hamstern verboten“ prangen an manchen Supermarktregalen, es wird amtlich dazu aufgerufen, keine Hamsterkäufe zu tätigen, und ich vermisse längst den Aufschrei von Tierschutzorganisationen, die dem Treiben, diese possierlichen Tierchen derart in Misskredit zu bringen, Einhalt gebieten.
Die Corona-Krise treibt so manche Stilblüte und setzt der „Krönung der Schöpfung“, dem Menschen, in Punkto Verhalten eine absonderliche Art von Krone (lat. Corona) auf. Anders scheint mir der Ausverkauf von Toilettenpapier unerklärlich, denn die Anzahl an Hinterteilen kann sich nicht in vorauseilendem Gehorsam schon vor Ankunft der virösen Plage vervielfacht haben. Oder wirken bereits die Nachrichtenmeldungen abführend? Nicht umsonst sagt der Volksmund, wenn jemand Angst hat: „Der hat Schiss!“ – Wie auch immer, irgendwo werden sich die Papierrollen schon stapeln.
Allerdings rücken manche Mitbürger in Krisenzeiten auch zusammen, zwar nicht physisch wegen Kontaktsperre und 1,5 Meter Mindestabstand, aber zumindest im Geiste und zeigen sich solidarisch. Es rührt mich, wenn ich von den vielen, mitunter einfallsreichen Dienstleistungen und Hilfsangeboten lese. Wunderbar finde ich z.B. auch die Initiative “Wir retten unsere Läden!“, die von Mitgliedern der Bürogemeinschaft 48zwei ausgeht, in der auch die Mittendrin- und StadtZeit-Redaktion zuhause ist. Mit der Onlineplattform mittendrin-kassel.de initiiert man eine kostenfreie Unterstützung für Geschäfte und Gastronomiebetriebe im Quartier der Friedrich-Ebert-Straße. Wer seinen Lieblingsladen unterstützen will, kauft einfach einen Gutschein, damit die Betreiber die Zeit der Schließung überstehen und ihre laufenden Kosten bezahlen können.
Wussten Sie eigentlich, dass die heilige Corona – ja, die gab es wirklich und war eine frühchristliche Märtyrerin des zweiten Jahrhunderts – als Patronin des Geldes, der Fleischer und Schatzgräber gilt? Na, wenn das nicht Hoffnung und Zuversicht gibt, den wirtschaftlichen Schaden wieder auffangen zu können. Sie wird auch bei Viehseuchen angerufen, weshalb wir uns um die armen Hamster, die der Virus an die Ladenregale treibt, nicht wirklich sorgen müssen. Auch sie werden wir überstehen.
Übrigens: Neulich hatten die wärmenden Sonnenstrahlen einen Hamster aus seinem Bau hervorgelockt. Ich muss zugeben, ich habe mich richtig gefreut. Es ist Frühling!
Markus Exner ist Leiter der GrimmHeimat NordHessen und wohnt im Vorderen Westen.